National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0347 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 347 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000224
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

315 —

kommen freier, die jungen Männer sprechen mit den Mädchen und Frauen und nie denkt die Frau daran, ihr Gesicht zu verbergen. Dabei habe ich nie eine Anztiglichkeit oder einen Scherz gehört, der einer Unanständigkeit ähnlich gewesen wäre. Sowohl Frauen als Мänner geniren sich aber sehr wenig, vor einander einen Theil des Körpers zu entbјössen. Will das Mädchen oder die Frau

r einen Strick oder Faden drehen, so schiebt sie das Hosenbein in

° die Höhe, so dass Knie und Oberschenkel frei werden, und dreht den Faden, indem sie den Hanf mit der flachen Hand auf dem dicken Schenkelfleische zusammendreht. Die Frauen nähren die Kinder vor Fremden und entblössen, wenn es die Umstände ge-

i bieten, den ganzen Oberkörper, gerade wie die Männer es thun. Bei Mädchen habe ich das nie gesehen, es scheint ihnen nicht

E erlaubt, die Brust zu entъlössеn.

Wenn ein Mädchen von einem Manne verführt wird, was übrigens nur höchst selten vorkommen soll, so versammeln sich alle männlichen Verwandten des Mädchens und versuchen den Verführer zu überreden, jene als seine Frau heimzuführen und dem Vаtеr einen verhältnissmäasigen Kalym zu zahlen. Weigert

{! sich derselbe, so fallen sie über ihn her und prügeln ihn so lange, bis er um Gnade bittet. Dann bezahlt er dem Vater ein kleines Strafgeld, giebt ihm eine Flinte und einen Pelz und kann nun

i unangefochten nach Hause gehen. Das Mädchen wird aber in diesem Falle nicht mehr als Tochter betrachtet, sondern muss gemeine Dienste als Magd leisten.

Betrachten wir nun noch diejenigen Feierlichkeiten, die das eintönige Leben des Altajers begleiten. Ich meine die Feierlichkeiten bei der Geburt, der Heimführung der Braut und dem Begräbniss.

Wenn eine Frau gebären soll , so versammeln sich die weiblichen Verwandten in der Jurte der Mutter, während die Männer sich in der Gegend der Jurte aufhalten. Die ausserhalb der Jurte befindlichen Männer haben offenbar die Aufgabe, die bösen Geister aus der Nähe derselben zu vertreiben, denn sie erheben, sobald die Wehen beginnen, ein furchtbares Geheul und Geschrei und laufen um die Jurte herum, dabei werden Flintenschüsse abgefeuert. Dieses Lärmen währt so lange, bis das Kind geboren ist. In der Jurte selbst wird die arme Wöchnerin durch allerlei schwierige Stellungen und Drücken und Kneten gequält. Der Name wird dem Kinde gewöhnlich gleich