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0356 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 356 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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regelt wie die russischen Bauern. Aber auch die Laster der Civilisation sind nicht ausgeblieben. Der Trunk hat hier allge-

gemein überhand genommen und macht die Hälfte der Ein-

wohnerschaft zu Bettlern. Die Ehrlichkeit der Gebirgsnomaden ist verschwunden, denn Diebstähle und Betrügereien sind fast

an der Tagesordnung. Auch sind die Altajer durch die feste Ansiedelung verarmt, denn wenn sie auch das Land zu bebauen gelernt haben, so haben sie dennoch ihre ihnen angeborene Trägheit nicht abgelegt, und diese verhindert sie am Fortkommen in der neuen Lebensweise.

Sehr schwierig ist die Stellung der getauften Altajer der Verwaltung gegenüber. In ihrem Dorfe haben sie zwar einen

Starschina (Aeltesten) und ihre eigenen Angelegenheiten werden durch die versammelte Gemeinde erledigt, aber sie stehen noch immer als einzelne Persönlichkeit unter den friiheren Saisanen und diese hassen sie als Abtrünnige vorn alten Glauben und verfolgen sie, wo sie nur können, so dass die Getauften bei vorkommenden Streitigkeiten immer den Kürzeren ziehen sollen. Die Russen in den angrenzenden Dörfern betrachten die getauften Altajer durchaus nicht als ihresgleichen, sondern verspotten sie, wenn sie sich als Russen behandelt wissen wollen.

Trotzdem werden die getauften Altajer sehr bald vollkommen verrussen, denn sie bemühen sich schon jetzt, auf alle mögliche Weise es den Russen gleich zu thun, um nur irgend einen Stützpunkt zu finden. Besonders tritt dies bei ihrer Sprache deutlich hervor. Sie gebrauchen, wenn sie selbst unter sich reden, so viel als möglich russische Wörter. Glücklich ist ein getaufter Altajer, wenn er ein russisches Мädсhеn zur Frau bekommt, da er sich dann zu den Russen rechnen kann. In den Nachkommen solcher Mischehen verschwindet das kalmückische Element fast vollständig und sogar in der Mission geborene Kinder russischer 'titter sprechen die altajische Sprache schlecht oder gar nicht.

Ich stattete während meines Aufenthaltes dem hier stationirten Priester meinen Besuch ab. Seine Wohnung ist nur klein und einfach, aber es herrscht darin die peinlichste Sauberkeit. Er beklagte sich, dass er trotz aller Bemiihungen, die Kalmiicken zur Reinlichkeit und Arbeitsamkeit anzuhalten, nur sehr geringe Fortschritte gemacht habe. Um die geistige Erziehung seiner Pflegebefohlenen scheint er sich nicht allzu sehr zu kümmern, denn er versteht nicht einmal ihre Sprache. Er sprach von der