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0378 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 378 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Das Haus des Paschlyk war fast das schlechteste im Dorfe. Die Kleidung dieses Würdenträgers war zerrissen und hing nur in Fetzen um seinen Körper. Um seinen Kopf hatte er anstatt der Mütze ein buntes schmutziges Taschentuch gewunden. Der Paschlyk, ein wahrer Vertreter seiner Gemeinde, berief sofort die männlichen Einwohner des Dorfes zu sich, um über die Веschaffung der Pferde zu berathen. Es dauerte kaum eine Viertelstunde, so waren alle Geladenen um ihn versammelt. In der Mitte der Versammlung hatte der Paschlyk auf einem Baumstumpfe Platz genommen und schaute von dieser Нöhе auf die am Boden kauernden Gemeindeglieder herab. Die Versammlung selbst bot einen zwar eigenthümlichen, aber nicht sehr angenehmen Anblick. Sie bestand aus 60-80 Menschen in den verschiedenartigsten Anzügen " (Lumpen) : Männer in Weiberpelzen, halbnackte Weiber in Männerröcken, м tnner mit Kopftüchern, Weiber mit Männermützen, kurz alle möglichen Variationen, die zwischen den fünf Gegenständen : Rock, Hose, Mütze, Kopftuch und Weiberkleidern stattfinden können. Die Versammlung gerieth bei der Rede des Paschlyk in Aufruhr; heftiges Geschrei von allen Seiten. Jemehr der Paschlyk Ruhe gebot, um so mehr brüllte das Volk. Es entstand eine stundenlange Debatte und keine der Parteien wollte auch nur einen Zoll breit weichen. Man hätte denken sollen, dass es sich um das Wohl und Wehe der Gemeinde handle, so erregt wurde verhandelt und geschrieen, und Alles geschah, weil die Gemeinde drei Pferde und zwei Boote für das gewöhnliche Fahrgeld zu beschaffen hatte. Für mich war es sehr interessant zuzuhören, da ich hierbei den besten Einblick in die Sprache der Leute gewinnen konnte. Es war ein merkwürdiges Gemisch von Russisch und Tatarisch, das mir hier zu Ohren kam. Nach stundenlanger Debatte war es endlich so weit gekommen, dass sich die friedliche Berathung in ein wildes Handgemenge zu verwandeln drohte. Da riss mir endlich die Geduld; ich befahl kurz, mir eine Wohnung zum Nachtquartier anzuweisen, und es wäre wieder zu einer neuen Debatte gekommen, wenn nicht der reichste Tatar des Dorfes mir sein Haus für die Nacht freiwillig angeboten hätte. Ich liess also meine Sachen dorthin bringen und begab mich selbst in das Haus, um das Abendessen einzunehmen.

Dies Haus, das beste des ganzen Dorfes, bestand aus zwei ganz kleinen Zimmerchen. Das eine wurde von dem Sohne des