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0382 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 382 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Das Dorf besteht, wie ich mich am folgenden Tage überzeugte, aus zwei Theilen, von denen der eine am Mrass selbst, der andere zwei Werst weiter nach Norden an einem kleinen Flüsschen gelegen ist. Die Häuser sind meist sehr gross und mit allen nöthigen Nebengebäuden, als: Ställen, Speichern etc. versehen. Der grösste Theil der Einwohner dieses Dorfes beschäftigt sich mit dem Handel. Die hiesigen Handelsleute führen sowohl Waaren wie auch Vieh zum oberen Mrass und der Reichthum der ganzen Ansiedelung beweist uns, dass dieser Handel sehr vortheilhaft ist. Einige Einwohner haben sich schon ein bedeutendes Vermögen erworben und sollen ihre Waaren nicht durch Vermittlung der Kusnetzkischen Kaufleute, sondern direct vom Irbitscher Jahrmarkte beziehen. Die nicht Handel treibenden Einwohner beschäftigen sich mit Ackerbau und Viehzucht. Die Viehzucht ist hier nicht unbedeutend, da die hiesige Ebene sehr heureich ist und auch wegen des ausgedehnteren Ackerbaues mehr Vieh gehalten werden muss.

Leider ist mit dem Fortschritte der russischen Kultur auch das Laster der Trunkes hier eingedrungen; ich hatte Gelegenheit, dies bei dem angesehensten Theile der hiesigen Bevölkerung zu beobachten: die halbe Bevölkerung war zu Ehren meiner Ankunft vom Morgen bis zum Abend so betrunken, dass sie nicht auf den Beinen stehen konnte. Ich setzte hier meine lexikalischen Sammlungen und das Aufzeichnen von Texten fort.

Von Kysyl-jar begab ich mich zum Dorfe Sybyrgy, welches aus etwa 40 aus Balken gezimmerten Häusern besteht. Alle diese Häuser befinden sich in einem jämmerlichen Zustande und gleichen wahrhaften Ruinen. Die Dächer der Häuser sind sämmtlich mit Birkenrinde gedeckt und die innere Einrichtung ist schlechter und schmutziger als in Protoka. Die Kleidung der Männer besteht aus einem Herde und Hose von sehr grobem selbst gefertigtem Hanfgespinnste und in Filzröcken statt der Pelze. Die Frauen tragen meist nur lange, bis zu den Knöcheln reichende Hemden. Hier herrscht kein gleichmässiger Gesichtstypus wie bei den Altajern und Teleuten. Einer hat ein rein mongolisches Gesicht, ein Zweiter blondes Haar und offenbar russische Gesichtszüge. Meistens sieht man aber, besonders bei den Frauen, breite, runde Gesichter mit hervortretendem Unterkiefer, aufgeworfenen Lippen, einer schmalen Stirn und lang geschlitzte, ein wenig schief liegenden Augen. Es ist ein eigen- '