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0389 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 389 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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rindengefässen werden Wasser, Milch, Butter, Branntwein, Honig sowie auch die Gerstenkörner aufbewahrt. Ausserdem giebt es zum Theil recht gut angefertigte Birkenrinden-Schalen und Holzschüsseln. Reichere Leute besitzen auch wohl russische Holzschalen.

Von essbaren Wurzeln, die die Schor sammeln, zeigte man mir hier Lilienzwiebeln (lilium martagon), Handykwurzeln (erythronium dens canis), welche gebraten den Kartoffeln ähnlich schmecken. Päonienwurzeln (paeonia anomala), Kalba (allium ursinum) und die saftigen Stengel des Heracleum. Die Gerste wird hier in verschiedener Form genossen: 1) als Grütze, d. h.

i gestossen in grossen Holzmörsern; 2) als Talkan, geröstet, sodann zerrieben und zwar meist trocken, aber auch mit kaltem

E Wasser, Milch und Honig eingerührt; 3) in Wasser oder Milch gekocht. An der Kordoma geniessen die Leute auch kleines

` Gebäck aus Weizenmehl, dessen Zubereitung sehr einfach ist. Man mischt das Mehl mit Wasser, giebt ein wenig Salz hinzu

i und knetet davon flache Brötchen , die man an der Feuerstelle in der heissen Asche bäckt. Thee kennen die Kondoma-Tataren durchaus nicht, sie bereiten aber ein Theesurrogat aus den Bliithen der Saxifraga cranifolia, den Bliithen der Spiraea ulmaria und ferner aus jungen Trieben der Hagebutte.

Spirituöse Getränke bereiten die Kondoma-Tataren : 1) „abуrtka" aus gekochten und dann ausgegohrenen Kandykwurzeln, 2) „araky" aus Gerstenmehl. Ganz in der Weise der Kondoma-Tataren leben die Tataren des Dorfes Kydshy ly am Flusse Kydshy, einem Nebenfusse des Psass, bei denen ich mich auch einige Tage aufhielt. Hier wird recht viel Ackerbau getrieben und ausserdem auch Viehzucht. So hatte mein Wirth Sarykran 9 Kühe und 70 Bienenstöcke. Ich fand hier Gelegenheit, reichliche Aufzeichnungen von Märchen zu machen.

Dabei erfuhr ich Einiges über die Hochzeitsgebräuche der Schor. Die Trauhandlung soll darin bestehen, dass die Verwandten für das junge Brautpaar eine Art Jurte aus neun dünnen Birkenbäumen bauen, an denen nur die oberste Spitze der Krone gelassen wird, und diese mit Birkenrinde bekleiden. Dann treten der Bräutigam und die Braut ein. Der Briutigam holt nun ein Feuerzeug hervor, mit dem er in der Jurte Feuer anschlägt. Während er dies thut, steht die junge Frau bei der Thür und beschenkt Alle, die geholfen haben, die Jurte aufzu-

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