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0418 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 418 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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die sich in den in der Nähe der Jurten gelegenen Dörfern niederlassen, schuld sein. Pferdediebstahl soll mehr bei den Sagajern vorkommen. Die Schuldigen werden meist mit Ruthenhieben bestraft und müssen das Gestohlene zwei-, drei- und vierfach bezahlen, je nachdem der Schuldige schon öfter wegen Diebstahls bestraft ist. (?)

Schwere Verbrechen, wie Raub, Todtschlag, Mord, Falschmünzerei, werden nach russischem Gesetze von den ordentlichen Gerichten gerichtet. Dergleichen Fälle sind aber nach Kastrow's Versicherung sehr selten.

Was die Abakan-Tataren von allen übrigen östlichen Вriidern auszeichnet, ist die Entwickelung der epischen Poesie, der in gebundener Rede vorgetragenen Märchen und Heldensagen. Nirgends giebt es so viele Sänger wie bei den Abakan-Tataren. Von dem Reichthum dieser Poesie, auf die schon Castrén aufmerksam gemacht hat, giebt der zweite Band meiner „Literaturproben" ein sprechendes Zeugniss. Eine Besprechung dieser Poesieen würde mich zu weit führen ; ich werde hier nur zwei Heidengesänge, theils im Wortlaute, theils im Auszuge mittheilen, die auch das Charakteristische des Lebens der beiden Kulturgruppen wiedergeben.

Die Heldensagen werden, wie bei den Altajern, brummend recitirt. Gewöhnlich des Abends, besonders aber in Nachtlagern, wenn die Leute im Herbste auf ihren Jagdzügen übernachten. Der recitirende Sanger, vom Feuer beleuchtet und umgeben von der gespannt lauschenden Menge, ist ein Anblick, der Nachbildung seitens eines Kiinstlers würdig.

Ai M ö k ö (Der Mond-Starke).
(Gesammelt am Flusse Sé.)

Eine Schwester und ein Bruder, Ohne Vater, ohne Mutter,

Lebten sie zusammen beide; Speise war nicht da zum Essen, War zum Anziehn auch kein Pelz da, Nährten sich von Lilienzwiebeln, Assen auch Päonienwurzeln. Sprach zum Bruder da die Schwester:

„Bis zum dritten Lebensjahre

Hab' ich dich ernährt, o Bruder, Alle Lilien und Päonien

Rab' ich ausgegraben, Bruder,