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0439 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 439 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Die Abakan-Tataren haben sich in ihren Heldenmärchen eine ideale Welt erschaffen, die einen grossen Theil ihres geistigen Lebens beherrscht wie ich dies nur noch bei einem Türkvolke, den schwarzen Kirgisen, angetroffen habe. Es ist eine eigene poetische Weltanschauung. Vergebens würde man versuchen, diese Anschauungen mit den religiösen Ansichten des Schamanismus in Einklang zu bringen. Die Gottheiten der Märchenwelt leben zwar auch in den oberen Himmelsschichten, es sind aber nicht die Götter des Schamanismus. Sie werden selten bei Namen genannt, sondern heissen nur Кгссlс (Gott) oder 7 jai7C)е (Schöpfer) und wenn ein Name genannt wird, so stimmt er nie mit den Namen der bekannten Götter überein. In der Unterwelt lebt Erlik und seine bösen Helfer, die Aiiia, und ausserdem noch die Schwаn frаие» , welche der Schamanismus gar nicht kennt. Die Welt besteht aus Himmels- und Erdschichten, und jede derselben hat ihre Meere, Steppen, Altai- oder Bergrücken, die Götter, Helden und Aina in gleicher Weise bewohnen. Die Scheidung zwischen diesen letzteren ist nicht streng durchgeführt, sie treten offen miteinander in Verbindung und kämpfen miteinander wilde Kämpfe. Die Gottheit lebt meist in stillem Frieden und mischt sich wenig in die Angelegenheiten der Erd- und Unterwelt. Sie erschafft die Helden und bestimmt im Voraus ihr Verhängnis. Ein Widerspruch gegen die Gottheit ist selten, im Allgemeinen fügt sich Alles nach ihrem Willen, der übrigens die Menschen in ihrem Thun und Treiben nie einengt.

Der Held kämpft und strebt während seines Erdenlebens, bis er endlich in der Ehe sein Erdenglück findet. Hier ist er glücklich, wenn es ihm gelingt, sich eine männliche Nachkommen schaft heranzuziehen, denn wenn dann auch der feindliche Ueberfall eines Helden sein Erdenglück zerstört, so ist ein Sohn da, der seinen Untergang rächen wird.

Das Volk spielt in diesen Heldenmärchen überall dieselbe untergeordnete Rolle, wie wir dies bei obigen Märchen gesehen haben. Die Pflicht des Helden ist, für sein Wohlergehen zu sorgen und indolent geht des Volkes Menge, gerade wie das Vieh, aus dem Besitze des einen Helden in den eines anderen über, je nachdem das Glück des Kampfes dem Einen das Uebergewicht über den Anderen verleiht.