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0453 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 453 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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des Volkes macht mit allen ihren Heerden den eben beschriebenen Rundgang. Die Reichen können ihre Heerden niemals an einer Stelle weiden lassen. Sie theilen ihre Schaf-, Pferde-, Rinder-und Kameelheerden ab und lassen jede Art für sich in den für sie passenden Gegenden einen eigenen Kreisgang vornehmen. Daher wächst auch das Vieh bei den Reichen am besten, denn jede Viehgattung gedeiht am besten bei einer ihr eigenthümlichen Fütterung. Sо lieben Kameel, Schaf und Ziege stark duftende harte Kräuter, wie das von den Kirgisen Кökpök und Dshosan genannte Kraut, ja die Kameele sind sogar mit Disteln und Dornen und im Winter mit feinen Weidenzweigen zufrieden. Das Pferd hingegen schätzt am höchsten das feine Gebirgskraut ( ВеttkL und Torlau), das zwischen den Felsspalten hervorsprosst, während dem Rinde das Gras der weichen Wiesenteppiche am zuträglichsten ist.

In den Ebenen und auf den Hügelwellen der nördlichen Steppe gehen die einzelnen Jurtenzüge in so verschlungenen und sich oft durchkreuzenden Linien, dass es dem Unbetheiligten unmöglich ist, sich in diesem Wirrwar zurecht zu finden. In der südlichen Steppe hingegen, wo hohe Bergrücken sich meist bis zur Grenze des ewigen Schnees aufthürmen, ist der Kreisgang des Nomadenzuges ein durch die geographischen Bedingungen geregelter. Das Flussthal selbst, das sich meist unter dem Niveau der Steppe befindet und dessen Ufer meist eine schwache Bewaldung und Pappeln aufweist, ist ein passender Winteraufenthalt, da er Schutz vor Wind und reichlich Heizmaterial bietet. Im Sommer hingegen sind die Niederungen unbewohnbar, da die unzähligen Schwärme von Mücken, Fliegen, Stechfliegen, Bremsen und ltoschki die Viehheerden zu Grunde richten würden. Daher verlässt der Kirgise im Sommer die Niederung und steigt immer höher ins Gebirge. Im Frühjahr lässt er seine Heerde auf den der Sonne ausgesetzten Flächen der Bergab länge weiden, wo um diese Jahreszeit durch das den Schneeanhäufungen entfliessende Wasser eine reichere Vegetation emporsprosst. Wenn die immer stärker wirkende Sonne das Gras hier zu verbrennen beginnt, so steigt er auf den offenen Terrassen immer höher, bis er im Hochsommer am Saume des ewigen Schnees anlangt und hier die heisseste Zeit des Jahres in angenehmer Kühle verbringt. Im Herbste lenken sich dann die Jurtenzüge wieder ins Thal herab, aber nicht auf die offenen Bergterrassen, sondern in

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