National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0482 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 482 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000224
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

— 446 —

pferd stets bei der Jurte und füttern es sogar zum Theil mit Tien. Wohl keine Jurte hält mehr als drei Reitpferde beim Hause.

Das Weiden in Familienheerden findet natürlich nur bei wohlhabenden Leuten, die viele Pferde haben, statt. Arme lassen ihre wenigen Pferde zugleich mit denen der reichen Leuten weiden oder häufig auch einzeln in der Nähe der Jurten grasen. Bei Armen werden auch die Stuten nicht gemolken. Ebenso benutzen nur Arme Hengste und Stuten zum Reiten, wohlhabendere Leute reiten nur auf Walathen oder ausgewählten Hengsten, die stets von den Heerden ferngehalten werden.

Im Allgemeinen halten die Kirgisen im Süden viel weniger Pferde als Schafe und Kühe, aber dennoch in der Regel mehr als sie nöthig haben. Leute, die drei Pferdeheerden halten, gelten schon als reich. Es kommt jedoch vor, dass einzelne Reiche 80-100 Pferdeheerden besitzen. Solcher Reichthum ist freilich selten.

Der Grund, weshalb man verhältnismässig weniger Pferde hält, legt zum Theil in der Art des Futtergrases, aber auch darin, dass das in der Heerde weidende Pferd dem Besitzer keinen grossen Gewinn abwirft, da er Pferde nur sehr ungern verkauft, denn „das Verkaufen eines Pferdes hindert das Gedeihen der Heerde", heisst es im Sprichwort. Der Hauptvortheil, welcher dem Kirgisen vom Pferde kommt, ist das Benutzen desselben als Reitthier, Schlachtvieh und Milchspender und dafür reicht auch eine geringe Anzahl von Pferden hin.

Die Kirgisen reiten in frühester Jugend, schon als ganz kleine Kinder werden sie in den Aschamai (Kindersattel) festgebunden. Es ist daher nicht wunderbar, dass der erwachsene Mann ein vortrefflicher Reiter ist. Der Kirgise sitzt fest und ruhig im Sattel, wenngleich seine Haltung beim Reiten durchaus nicht schön ist. Unter einem Kirgisen ermüdet das Pferd nie. Ich hatte oft Gelegenheit, dies zu bewundern; so ermattete auf meinem Ritte nach Kuldsha das Pferd des mich begleitenden Kosaken, er tauschte daher das seinige mit dem eines unserer kirgisischen Führer; nach etwa zwei Stunden wurde das neue Pferd des Kosaken abermals müde und wollte nicht von der Stelle, da stieg er wieder auf sein früheres Pferd, das sich während dessen unter dem Kirgisen erholt hatte, dieser aber bestieg sein eigenes Ross, welches ihm noch über eine Stunde den Dienst nicht versagte.