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0538 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 538 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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erzählte mir später, dass die Gewinner nur wenig von ihren Preisen erhalten hätten, den grössten Theil hatten die anwesenden Zuschauer erbeutet und im Triumphe entführt. So soll es stets beim Wettrennen hergehen. Des Preises wegen schicke Niemand sein Pferd zum Wettrennen, denn denselben erhalte der Herr des Pferdes nie. Es sei nur der Ehrgeiz des Besitzers, der den Ruhm, ein gutes Rennpferd zu haben, jedem Preise weit vorziehe. Wenn es selbst dem Herrn des Pferdes gelingt, den ganzen Preis zu erhalten, so muss er der Sitte gemäss alles Gewonnene den Verwandten und den Aulnachbarn überlassen, sonst wird er überall als der grösste Geizhals verschrieen.

Ausser den bisher genannten Festen giebt es noch gewisse mohammedanische Festtage, wie den Feiertag nach dem Ramasan, der Kurban und Naurus, die mit allerlei Spielen, Wettrennen u. s. w. gefeiert werden; endlich giebt es aber in vielen Orten auch örtliche Feiertage und Familienfeste, die man durch dergleichen Feierlichkeiten begeht. Bei allen diesen Festen kommen auch Spiele der jungen Mädchen und der Jünglinge vor. Dies sind Chorgesänge, Wettgesänge, Wettlaufen, Kraftproduktionen und die Reiterspiele. Die letzteren sind sehr eigenthümlich: Mädchen und Jünglinge reiten paarweise; dem Mädchen wird einige Pferdelängen Vorsprung gegeben und der J tingling muss jetzt die Gegnerin einholen; gelingt ihm dies, so hat er das Recht, dieselbe zu umfassen und mit beiden Händen ihre Brüste zu berühren. Des Mädchens Recht aber ist es, von ihrer Knute Gebrauch zu machen. Dieses Spiel bietet einen prächtigen Anblick, wenn Mädchen und Jünglinge geschickte Reiter sind und gute Pferde haben. Pfeilschnell eilen die Rosse dahin. Jetzt hat der Reiter das Mädchen eingeholt; wie er sich aber eben vorbiegt, um sie zu erfassen, saust die Knute durch die Luft, aber der Jüngling ist nicht müssig, schnell biegt er sich hernieder, und der Schlag fährt bei seinem Haupte vorbei. Gelingt es dein Jüngling, seine Beute einzuholen, so begrüsst die Zurückkehrenden lautes Jubelgeschrei. Oft stürzen die ungeschickten Reiter vom Pferde und kehren mit blutigen Streifen im Antlitz unverrichteter Sache zurück, dann frohlockt die weibliche Hälfte der Spielenden. Manchmal soll aber durchaus nicht die Geschicklichkeit entscheiden. Wenn das Mädchen den Jiingling gern hat, soll sie sich ihm häufig freiwillig als Beute darbieten.