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0349 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 349 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Die Bettler bilden in Kuldsha eine Zunft, die ihre eigenen Gesetze und Vorgesetzten hat; sie theilen sich in gewisse Distrikte der Stadt und erheben direkt von den Hauswirthen eine bestimmte Steuer; weigert sich der Hausherr, diese zu zahlen, so wird er von den Bettlern unaufhörlich belästigt, man wirft ihm gestorbene Glieder der Zunft und todte Thiere vor seine Hausthür u. s. w. Es soll sogar Gesetz sein, dass jedem Bettler Etwas dargereicht werden muss; die Chinesen erfüllen dies sehr häufig wörtlich, indem sie dem Bettler einen Strohhalm, ein Stückchen Holz oder etwas anderes Werthloses überreichen.

Ich habe während meines Aufenthaltes in Kuldsha drei grössere Gasthäuser besucht, zwei derselben waren chinesische, das dritte ein dungenisches. (Dungepen heissen die mohammedanischen Chinesen, die hier sehr zahlreich vertreten sind.) Das Innere der chinesischen Gasthäuser bestand aus einer Reihe von grossen Sälen, deren Decken auf mit Schnitzwerk verzierten hölzernen Säulen ruhten. Die Wände waren überаll mit bunten Bildern beklebt und von der Decke herab hingen Papierlaternen von sehr phantastischen Formen. In den Sälen standen, wie in unseren Kaffeehäusern, Tische, Bänke und Sessel, alle von pоlirtem Holze, aber ohne irgend ein weiches Kissen oder Polster. Im Hintergrunde des Hauses waren einige geheime Cabinete. Der allgemeine Eindruck, den ein solches Gasthaus macht, ist ein freundlicher, wenn auch nicht ganz sauberer. Im ganzen Hause herrscht ein übler Geruch, den man vergebens durch Wohlgerüche zu verdrängen sucht. Am Tage sind die grossen Gasthäuser ziemlich leer, nur des Abends, wenn man Tänzerinnen oder Damen der Halbwelt hierherbringt, füllt sich das Haus, dann soll es die ganze Nacht hindurch lustig hergehen, da die Polizei hier keine Verordnung über die Schliessstunde der Kaffeehäuser erlässt.

Das dungenische Gasthaus, das ich besuchte, war zweistöckig gebaut; der untere Raum war für das arme Volk bestimmt; hier sah es sehr schmutzig aus; das obere Stockwerk enthielt nur einen sehr grossen Saal, dessen Decke auf ganzen Reihen von Holzpfeilern ruhte. Die Gastzimmer waren voll von Menschen, v~elche Thee tranken oder zu Mittag assen; Wein und hitzige Getränke wurden nicht verabreicht. Ich ass hier zu Mittag und bekam gewöhnliche tatarische Küche : Pelmeni, Nudelsuppe, Hammelfleisch und Pilaw aus Reis mit Rosinen. Dieses Gasthaus