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0517 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 517 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000224
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leseneu Büchern bestehend; ein Koran oder ein Häftijak fehlt nie in dieser Bibliothek. Der Boden der Empfangszimmer ist mit turkmenischen Teppichen bedeckt, und an verschiedenen Stellen liegen Kissen mit bunten seidenen Bezügen; für die besseren Gäste findet sich in jedem Zimmer eine dickwattirte, mit Seidenzeug überzogene Decke. In der andern Wand des Hofes befindet sich eine grössere Тhür, und an dieser erscheinen von Zeit zu Zeit Kinderköpfe, die verstohlen nach dem Neuangekommenen ausspähen. Diese Thür führt zu einem zweiten Hofe, der im Ganzen ebenso eingerichtet ist wie der erste, und den Aufenthaltsort für die Familie bildet.

Die meisten Gehöfte bestehen in dieser Weise aus zwei Höfen; nur bei ganz armen Leuten ist ein einziger Hof, der dann durch eine Schilfmatte in zwei Abtheilungen getrennt ist. Der vordere Hof gehört, dem männlichen Geschlechte, 4er hintere dein weiblichen und den Kindern; den hinteren Hof betritt der Mann nur selten, besonders der wohlhabende. Letzteren bewohnt die arme Sclavin des Mannes, welche scheu ihrem einförmigen, freudlosen Tagewerke nachgeht. Sie sitzt dort einsam, die Kinder spielen um sie herum; sie näht, spinnt, bereitet die Speisen und legt sich dann an einem schattigen Plätzchen nieder, um zu schlafen. Ich hatte Gelegenlit, den Frauenhof eines Nachbarhauses zu beobachten, und konnte mich so recht von dem Leben der Frauen überzеugеn. Sie verrichten langsam ihre eintönige Arbeit, man sieht ihnen so recht den Ueberdruss am Leben an. Keine Zerstreuung ist für sie vorhanden, denn nur höchst selten kommt eine Nachbarin herangeschlichen, mit der sie sich unterhält. Gut, dass die Hitze schläfrig macht, sonst möchten sie das Leben schwerlich so ertragen können.

Der Männerhof steht den grössten Theil des Tages über leer, denn der Mann darf den Markt und die Moschee nicht versäumen. Am Nachmittag aber sammeln sich häufig Gäste im Hause, dann herrscht hier einiges Leben. Da werden Thee, Früchte und Speisen aufgetragen, und mit munterem Gespräch sucht man sich die Zeit zu verkürzen. Besonders belebt wird aber die Versammlung, wenn ein befreundeter Mu11a mit hohem, sauber gefaltetem Turban aus feinem weissen, englischen Musselin, auf seinen langen, mit Silber verzierten Stock sich stützend, gravitätisch herantritt und die Versammlung beehrt. Er greift gleich nach den auf dem Simse liegenden Büchern und liest