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0195 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 195 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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flusses dieses Handels liegt hauptsächlich in dem Ankauf von Jungvieh. Die Kaufleute lieben nämlich vornehmlich ganz junges Vieh einzukaufen ( das eben geborene Kalb zu einem Rubel rechnend), um dasselbe bei dem Besitzer der Heerde zu belassen, bis sie es nach 3 Jahren als fast ausgewachsenes Vieh abholen. Die Altajer ihrerseits gehen gern auf diese Bedingung ein, da ihre Kühe nur dann Milch geben, wenn sie ein saugendes Junges bei sich haben. Selbstverständlich kann es für den Kaufmann keine vortheilhaftere Bedingung geben, denn allen Schaden, der dem Jungvieh zustösst, muss allein der Rufbewahrer tragen und das Kapital des Kaufmanns sieh jährlich verdoppeln. Nehmen wir beispielsweise an, ein Kaufmann habe im Altai ein Paar Maralhörner für 50 Theesteine gekauft, so kosten dann dieselben nach heutigem Preise berechnet 7 5 Rubel Silber, er verkauft die Hörner an der Tschuja wenigstens für das Doppelte , d. h. für 100 Theesteine = 150 Rubel und kauft im Altai dafür 80 einjährige Kälber, die er bei dem Besitzer auf der Weide lässt, so hat er nach drei Jahren dafür ,80 Stück ausgewachsenes Rindvieh , das im Durchschnitt mit 10 Rubel bezahlt- wird, also einen Werth von wenigstens 800 Rubel hat. In der Tha t gewinnt der Kaufmann aber eine viel grössere Summe, da er die Schuld prolongirt und dabei durch Berechnung auf Jungvieh riesige Procente nimmt, so dass er, wenn es ihm auch nur gelingt, die Hälfte seiner Schulden einzutreiben, immer noch einen ungeheuren Vortheil hat. Ein Beispiel davon giebt uns ein Process, dessen in Peking bestätigte Entscheidung hier von dem Sassjedatеl in Ausführung gebracht werden sollte. Vor einigen Jahrzehnten ist ein hiesiger Dwojedaner einem Altajer 2 Eicihornfelle und einige Ahlen, im Ganzen im Werthe von 28 Kopeken, schuldig geblieben und jetzt haben die Nachkommen des Händlers eine Schuldforderung auf 81 Ochsen nach der Entscheidung in Peking einzutreiben.

Einen Spaziergang zu dem Türböten-Lager unternommen ; bei unserer Ankunft fand ich fast alle Lagereinwohner an einem Orte versammelt, da sie ihre Morgenandacht abhielten.

Auf einen wohl zwei Fuss hohen Steinhaufen war eine Schale

mit Milch gestellt. Vor diesem Altare stellten sich die ihre Andacht Verrichtenden in einem langen Zuge auf und begannen

einen sehr eigenthümlich klingenden Gesang. Von Zeit zu Zeit verneigten sie sich und erhoben die Нände, dann setzte sich

R a d I o f f, Aus Sibirien. II.   11