National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0214 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 214 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000224
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

180

Eine Sojonenfrau brachte einen Jada-tasch herbei und einer meiner Führer führte mit diesem die Ceremonie aus. Er befestigte den Stein mit einer fusslangen Schnur an einem Stabe, hielt den Stein zuerst über's Feuer und liess ihn vom Rauche beschlagen, dann schwang er den Stab nach allen Seiten in dër Luft umher, während er mit lauter Stimme die Beschwörungsformel sang.

Trotz alles Zauberns war das Wetter nicht besser geworden, und wir verliessen heute früh bei schrecklichem Unwetter den

Кara Köl. Wir wandten uns nach Nordosten und erstiegen zu-

erst den nördlichen Gebirgszug in der Thalrinne des Flüsschens
Äldü-km, einés Nebenflusses des мön. Zuerst führte der Weg

über einige Terrassenstufen frischgrüner Wiesen, dann ritten

wir in einem dichten Lärchenwalde. Nach etwa 5 Werst ward
der Wald lichter und verschwand schliesslich auf der Höhe des

Berges. Hier umgaben uns wieder kahle Bergkuppen, die meist

mit Geröll und Sumpf bedeckt waren. Auf der Нöhе des Berg-
kammes, den schon an vielen Stellen Schnee deckte, war es so

kalt, dass unsere nassen Kleider steif froren und es erhob sich

ein so heftiger Orkan, dass die Reiter sich kaum auf den Pfer-
den halten konnten. Der Regen verwandelte sich allmählich in

einen feinen Schnee. Von der Нöhе des Berges hätte sich dem

Auge eine weite Rundsicht darbieten müssen, wenn das Wetter
besser gewesen wäre, aber leider war die ganze Landschaft in

eine undurchdringliche Nebelwolke gehüllt und man konnte nur sehen, wie sich die mächtigen Bergketten strahlenförmig hinzogen. Auf dem höchsten Gipfel des Bergpasses stand ein Ob6 (Steinhaufen), und jeder unserer Führer legte einen Stein zum Opfer.

Jenseits des erstiegenen Bergrückens sahen wir drei kleine Flüsse nach Norden in Thalschluchten herabrieseln, unsere

Führer sagten, dass diese sich in den Abakan ergössen. An der anderen Seite war der Weg viel beschwerlicher, die Bergabhänge waren hier viel schrоffer und mit riesigen Felsblöcken bedeckt. Wir mussten wohl 3 Werst auf dem Kamme entlang reiten, ehe sich eine weniger steile Stelle fand, die das Herab-reiten ermöglichte , und auch bier war es kaum möglich, thalwärts zu gelangen. Nach vieler lithe kamen wir zu einer Thalrinn e, die ein kleiner Bach durchströmte. Hier begann wieder eine lebhaftere Vegetation und je weiter wir herabstiegen,