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0325 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 325 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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unheiligen Thieres selbst fürchteten. Die Soldaten des Piquets holten sich das Thier am Morgen ab.

' (Den 25. Juli.) Am Morgen früh stellte sich bei uns der neue Convoi-Soldat ein, er war ganz wie der gestrige bewaffnet, machte aber einen so erbärmlichen Eindruck, dass der Gedanke, dieser Krieger solle uns bewachen, uns alle in eine wahrhaft komische Stimmung versetzte. Er war ein ganz kleines, über 60 Jahre altes Männchen mit schneeweissem Zopfe, so dürr und wackelig, dass er nur mit Mühe gehen konnte ; er ritt auf einer kaum dreijährigen, scheckigen .Füllenstute, die ebenso schwach schien wie der Reiter. Dabei hatte er sich einen dicken, ganz neuen, riesigen Schafpelz als Unterlage auf den Sattel gelegt, so dass er fast 1/2 Fuss über denn Rücken seines Pferdes sass. Mein Kosak, wie auch die Kirgisen, liessen ihren Witzen freien Lauf. Der Solone befahl aber kurz und brummig, man solle schnell satteln und ihm folgen, was auch erfüllt wurde, da ich selbst zur Eile trieb. Ohne Aufenthalt ritten wir in ziemlich scharfem Trabe bis zum Ufer des Osök, eines sehr breiten und reissenden Flusses, der nach einem Regenwetter fast unpassirbar ist, so dass die Reisenden hier oft mehrere Tage das Fallen des Wassers abwarten müssen. Das Durchreiten der Furt des Ösök gehört zu den schwierigsten Flusspassagen, die ich gesehen habe. Man muss sich mit untergeschlagenen Füssen auf den Sattel setzen oder knieen, denn das Wasser reicht bis über das Sattelkissen; dabei hat der Fluss eine so starke Strömung, dass es scheint, das Wasser reisse das Pferd mit sich fort, obgleich man in einem Winkel von 45 Grad gegen die Strömung reitet. Während der Passage erhoben die Reiter ein lautes Geschrei, einerseits um die Pferde anzutreiben, andererseits um sich selbst zu ermuthigen. Unser Convoi-Soldat war etwas zurückgeblieben und langte erst am jenseitigen Ufer des Ösök an, als wir den Fluss schon passirt hatten. Wir riefen ihm zu, wir wollten ihm ein besseres Pferd hinübersenden; er schien aber dadurch in seiner Würde beleidigt und sprengte, ohne auf uns zu achten, in den Fluss. Hier geschah, was wir Alle vorausgesehen hatten : der Strom erfasste das Pferdchen und riss es mit sich und bald sahen wir Reiter, Pferd und Pelz an drei verschiedenen Stellen des Flusses. Ich schickte sogleich zwei Kirgisen in den Strom; dieselben ritten aber auf Pferd und

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