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0484 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 484 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Ich übergab dem Mulla,, der uns beim Eintritt in die heilige Stelle empfangen hatte, einen Rubel russisches Papiergeld. Bis dahin hatte in dem Zimmer eine andachtsvolle Stille geherrscht, doch jetzt forderte ein anderer gegenwärtiger Mulla von ihm das Geld, da er der Wächter und Nachkomme des Heiligen sei. Es entspann sich ein heftiger Wortwechsel, der trotz der heiligen Stätte mit höchst beleidigenden Schimpfwörtern geschmückt war, und alle Anwesenden mischten sich in den Streit. Auf mich machte diese Scene einen so peinlichen Eindruck, dass ich mich beeilte, die heilige Stätte zu verlassen. Die Moschee und die Kapelle müssen einst prachtvoll geschmückt gewesen sein, aber schon längst war auch hier die frühere Pracht geschwunden. Der reiche Farbenschmuck der Glasur der Wände und Decke war zum grössten Theil abgefallen und nur sehr mangelhaft und geschmacklos restaurirt. Als ich mich darnach erkundigte, ob hier früher der Sommersitz Timur's gewesen, konnte mir Niemand der Anwesenden Antwort darüber ertheilen. Ich erfuhr nur, dass das Gebäude hier im Jahre 7 9 5 aufgeführt sei, und dass Kasim ben Abbas sich an dieser Stelle lebendig in seinem Grabe habe bestatten lassen.

An der südlichen Seite der Stadt befindet sich die Citadelle Samarkands; sie ist im Verhältniss zur Stadt sehr gross und hat wohl einen Umfang von mehreren Werst. Der Wall, der sie hier umgiebt, ist nicht sehr hoch, aber die Mauer ist von bedeutender Höhe und. Stärke. Da hier vor wenigen Tagen ein erbitterte Kampf gewüthet und die Festung jetzt in besseren Vertheidigungszustand gebracht wurde, so fand ich natürlich Alles in grösster Unordnung und gewiss in ganz anderem Zustande, als es früher gewesen. Soviel liess sich nur ersehen, dass der ganze Raum der Citadelle mit engen Strassen und Gassen verbaut war. In der Mitte dieses Knäuels von sich durchkreuzenden Gassen befand sich das Schloss des Emirs, in dem derselbe einige Monate im Jahre zuzubringen pflegte, und wo jeder neue Emir den Thron bestieg. Von aussen unterscheidet sich das Schloss wenig von den übrigen Gebäuden, nur sind die Mauern ein wenig höher und regelmässiger aufgeführt. Das Schloss besteht aus einer grossen Menge von Höfen, Flügeln, Gebäuden und Gallerieen, welche sich aneinander reihen. Die Häuser sind aber alle aus Lehm, und nur einige von ihnen mit Stuck beworfen. Von Pracht oder fürstlichem Glanze habe