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0518 Aus Siberien : vol.2
Aus Siberien : vol.2 / Page 518 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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etwas sehr Erbauliches aus einem arabischen Buche vor. Ob die Gäste von dem Vortrage sehr erbaut gewesen, ist fraglich, denn bald nach seinem Fortgehen wird, nachdem noch mehrere Nachbaren eingetreten, ein Knabe in Frauenkleidern herbeigebracht. Die Anwesenden setzen sich im Halbkreise auf dem Hofe nieder, und nun beginnt der Knabe seinen Tanz, der in schrecklich ungraziösen Verrenkungen des Körpers und aus höchst widrigen, unanständigen Geberden besteht. Ein höchst unharmonisches Saiteninstrument spielt die Musik zum Tanze, und die Zuschauer klatschen mit den Händen den Takt. Gierige, geile Blicke werden nach dem tanzenden Betschä geworfen, der den graubärtigen, halbtollen und verliebten Alten kokette Blicke, den Bevorzugten wohl auch manchmal Zuckerstйсkсhen oder Brodstüсkchen zuwirft, welche sie im Taumel zu erhaschen suchen und mit Gier verschlucken. Diese Tänze dauern meist bis tief in die Nacht hinein, und ich will das Ende des Festes mit dem Schleier des Schweigens verdecken. Die Lasterhaftigkeit dieser Menschen zerreisst noch die letzten Bande der Familie und erreicht darin ihren Gipfelpunkt, dass man hier jährlich Tausende von Knaben von 8 bis 10 Jahren zu unsittlichen Buhlereien abrichtet und moralisch tödtet.

Die Nahrung der Bewohner des Serafsсhаnthales ist sehr einfach und in allen Schichten der Gesellschaft dieselbe. Der Arme und der Arbeiter leben meist von Brod und Früchten. Das Brod wird aus Weizenmehl, Wasser und Salz geknetet und, ohne es dem Gährungsprocesse zu unterwerfen, in dünnen, runden Scheiben gebacken. Frisch ist es ganz wohlschmeckend. Ausserdem giebt es noch kleine runde Brödchen, die mit Schaffett vermischt werden, diese schmecken sehr schlecht. Die Früchte sind natürlich nach der Jahreszeit verschieden. Im Spätsommer sind Melonen, die sehr wohlschmeckend sind, die beliebteste Speise. Von gekochten Speisen ist die allgemein verbreitetste das Pilaw, hier kurzweg „Asch" (Speise) genannt. Es ist mit Schaffleisch gekochter dicker Reis, der ausserdem mit dünnen, feingeschnittenen Mohrrübenscheiben vermischt ist. Dieses Pilaw ist diejenige Speise, die man stets den Gästen vorsetzt, und ich habe sie daher auch zur Genüge gegessen. Sie wird sowohl auf dem Tische der Reichen wie der Armen aufgetragen. Eine andere sehr beliebte Speise sind die Nudeln, die sowohl in Milch wie auch in Fleischbrühe. gekocht werden.