National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF Graphics   Japanese English
0019 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 19 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

4. August. Auch während der letzten Nacht hatten wir wieder Schwierigkeit mit den Schafen. Als kurz nach Sonnenuntergang unweit der Zelte ein paar Wölfe sich hatten hören lassen, zerrissen die geängstigten Tiere die Stricke und rannten sinnlos auf und davon. Erst lange nach Mitternacht war es vieren meiner Leute gelungen, sie zu überholen und zurückzutreiben. Unser Aufbruch am Morgen war dadurch wieder verspätet. Zum Glück aber hatte der Bach weiter hinab schon eine Art Tal aus den Schuttmassen herausgewaschen und wurden die armen Tiere, die in der eisigen Nachtkälte zitternd die Köpfe zusammengesteckt hatten, nicht noch weiter über Gebühr angestrengt. Wir waren am Morgen noch nicht weit gekommen, als es meinen Hunden gelang, ein junges Kyang zu erwischen. Es war ein allerliebstes, höchstens einen Monat altes Tierchen, das, am Halfter geführt, ohne weiteres mit einem meiner Pferde lief. Da es von den Hunden nicht verletzt worden war, wollte ich versuchen, es mit der Milch meiner Yakkuh aufzuziehen. Gleich von Anfang an war es nicht bloß mein , sondern aller Liebling. Nur die Milchkuh konnte das hochbeinige , zapplige , rote Wesen , das im Lager frei umherlief (Tafel II) und alle Kochkessel und Leute anstieß, nicht leiden. Sie weigerte sich entschieden, es an sich heran-

kommen zu lassen. In

meiner Apotheke fand sich   /I~fí/ll~~''~~

aber ein Glas und eini8117772''I//1Ýđ/,11t11" ~~~Gmhlch woraus

eine Saugflasche sich herstellen ließ, und ich opferte

Schnitt durch ein abrutschendes Stück der dünnen Pflanzendecke.

an diesem und den näch-

sten Tagen viel Zeit, das Füllen damit aufzuziehen. Es war ein undankbares Geschäft; denn wenn die Milch nicht kommen wollte, drehte sich das Tierchen kurz entschlossen herum und traktierte mich mit seinen Hinterbeinen.

Wir hatten heute 25 km zurückgelegt und schlugen Lager, ohne den Alang nor erreicht zu haben, als für einige Stunden ein Schneegestöber jeglichen Rundblick verdeckte. Es war ein öder Weg gewesen, dem kleinen Bachtal entlang, den Moränenwall hinab, der sich im Süden der Randkette wie ein dicker Wulst ausnahm. In unserem neuen Lager verbargen uns flache Schutthöhen noch einigermaßen. Ich durfte mich mit meiner kleinen Begleitmannschaft nicht unnötig in der breiten, offenen Steppe am See sehen lassen, denn von weither konnten sonst Gelegenheitsräuber auf mich aufmerksam werden. Zumal nach

Abb. 2.

ausfüllungen, noch mehr die südliche Abdachung der Pässe und der Fuß alter Berghalden ist dermaßen mit Wasser durchtränkt , daß die Karawanentiere bei jedem Schritt einbrechen. Am Türketse-Paß war „fließender Boden". Die Oberfläche der losen Schuttgehänge war von Sprüngen und Wülsten durchzogen und in sachtem Gleiten begriffen, da sie durch und durch naß war und der Schwere folgte, und in der Tiefe auch wohl auf Eis oder wenigstens auf einem seit Ewigkeiten gefrorenen Grund aufsaß. Ein solches Abgleiten der Oberfläche ist aber in Hochtibet nicht bloß auf vegetationslosen Stellen, wie am Türketse-Paß, zu finden. Ich sah auch öfter die dünne Rasendecke eines ganzen Hanges mit ihrem gesamten dichten Wurzelfilz infolge der Übersättigung des Untergrunds mit Wasser in einem Stück abgleiten und hierbei horizontal laufende Wülste und Falten von 1/2 m Höhe und bis zu 100 m Länge bilden. Die abgerutschte Pflanzendecke ähnelte einer Schneeschicht, die bei Tauwetter vom glatten Schieferdach abrutscht und unterwegs Falten bildet (s. Abb. 2).

9