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Meine Tibetreise : vol.2 |
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Schneetreiben ist die tibetische Hochlandsluft von unheimlicher Klarheit. Wie
früher wurde der strenge Befehl ausgegeben, mit anbrechender Dunkelheit die
Lagerfeuer zu löschen.
Wir passierten am 5. August das breite Steppental dicht westlich des Alang
nor (Alak nor) (Tafel I). Am Seeufer zogen sich üppige Weiden hin. Sonst
wechselten morastige Stellen , Platten mit 10-15 cm hohem Graswuchs und
kiesige Geröllpartien. Um ein kleines Felshügelchen in der Mitte des Tales waren
Sanddünen zusammengeweht, von deren dünnem Graswuchse ein schwacher,
grüner Schimmer ausging. Nirgends aber zeigte sich das kleinste Gesträuch. Tot
schien die Steppe. Wie belebte sie sich aber in scheinbar nächster Nähe mit
Antilopen, Kyang, Wildyak, Wölfen, Füchsen, Murmeltieren und Bären, wenn
ich mein ZeiBglas zur Hand nahm ! Einige Male galoppierte einer meiner Leute
aufgeregt auf mich zu und deutete auf einen beweglichen Punkt in der Ferne.
Zum Glück entpuppte sich der angebliche Tibeter aber jedesmal als ein harm-
loser Bär oder ein Kyang. Auch riesige Herden wilder Yak hielten sich in der
Ebene auf, die in ihrem schwarzen Fell viele Kilometer weit zu erkennen
waren. Sie waren der beste Beweis, daß schon seit einiger Zeit niemand in das
Tal gekommen war. Übrigens sind auch diese wilden Yak durchaus keine ganz
harmlose Nachbarschaft. Obwohl ich im neuen Lager alle Vorsicht walten ließ
und stets zwei Mann als Wache aufgestellt hatte, stand am Nachmittag plötz-
lich ein Yakbulle inmitten meiner grasenden Rinder. Der schwarze Riese er-
schien überlebensgroß im Vergleich zu meinen zahmen Tierchen und stierte
hochmütig und erstaunt auf die unebenbürtigen Wesen herab. Ich zauderte
einen Augenblick, unschlüssig, sollte ich zur Kamera oder zur Büchse greifen.
Meine Wache hatte sich , als das Ungetüm grunzend und seinen mächtigen
schwarzen und buschigen Schwanz schüttelnd angerannt kam, verflüchtigt.
Bis ich selbst aber mit Kamera und Büchse aus dem Zelte trat, war schon
ein Unglück geschehen; in blinder Wut hatte der Bulle sein spitzes Horn einem
meiner Tiere durch das Sattelkissen hindurch in die Seite gerannt und es in
die Höhe geworfen. Erst auf das Zetergeschrei der Leute trabte der Unhold
davon, verfolgt von den Kugeln meiner wieder mutig gewordenen Wache.
Einer der besten Yakochsen aber lag verendet am Boden.
Seit ich beim Überfall am Kuku nor den größten Teil meiner Ausrüstung
und damit auch mein europäisches Zelt verloren hatte, mußte ich mich mit
einem dünnen chinesischen Zelt behelfen. Große Schwierigkeit machte darin
stets das Wechseln der photographischen Platten. Stand auch nur die kleinste
Mondsichel am Himmel, so wurde es sogar unter meiner Bettdecke nicht mehr
dunkel. Am Abend des 5. August war Vollmond zu erwarten und daher während
der ganzen Nacht keine Aussicht auf genügende Finsternis. Ich hatte deshalb
keine geringe Freude, als eine Wolkenbank im Osten das Zeltinnere doch in
tiefstes Dunkel hüllte. Rasch entschloß ich mich, Platten zu wechseln, aber
mitten in diesem Geschäft wurde ich durch einen seltsamen Vorgang gestört.
Meine Begleiter draußen erhoben plötzlich einen betäubenden Lärm. Es wird
geschossen und geschrieen, als ob Räuber vor dem Lager stünden; wie rasend
schlagen sie auf Deckel und Kochkessel, auf alles, was nur irgend Spektakel
machen kann. Scharfe Pfiffe und das Zischen von Geschossen durchdringen
das gellende Geschrei. Jeden Augenblick erwarte ich wie damals beim Amne
Matschen, daß Kugeln mir durchs Zelt sausen. So rasch wie möglich bringe
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