National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.2 |
ich die Platten in Sicherheit und stürze aus dem Zelt, in beiden Händen eine
Mauserpistole mit gespannten Hahnen. Noch immer will das Getöse nicht
enden. Wer von meinen Leuten nicht schießt, schwingt sein Schwert, das in
der magischen Beleuchtung des Lagerfeuers aufblitzt. Drohend fuchtelt einer
mit der langen Lanze. H` an und Tsch`eng stürzen mir entgegen: „Das Un-
geheuer, der gefräßige Himmelsfrosch 1) ist am Himmel erschienen!" — — -
Es war eine Mondfinsternis. Die Wolkenbank war verschwunden, und der
Vollmond stand am klaren Himmel, aber nur ein verschwindend kleiner Teil
seiner Scheibe war noch hell, der größte Teil lag im Erdschatten. Darum hatte
ich im Zelt so schön dunkel gehabt in der Vollmondnacht ! Als die Bedeckung
abnahm, wurde ein Altar errichtet, Weihrauch darauf verbrannt und alle warfen
sich auf die Knie und machten dem glücklich geretteten, geliebten Gestirn den
Ko tou.
Im Süden der Alang nor-Ebene 2) ging es steil aufwärts weiter. Es galt
ein terrassenartig sich erhebendes Plateau zu gewinnen. Viele erratische Granit-
und Kalkblöcke bis zu Kubikmetergröße ragten dort aus rotverwitterten Sand-
massen heraus und ließen mich nicht bloß auf die Geschichte dieser Terrasse
Schlüsse ziehen, sondern auch einen erneuten schwierigen Kampf mit dem
grundlosen Moränenschlamm fürchten.
Noch am Fuße des Abhanges war ich unvermutet auf eine riesige Herde
wilder Yak getroffen. 1200 Tiere konnte ich zählen. Als schwarze, rundliche
Massen hoben sie sich scharf aus dem herbstlichen Grün der mageren Weide
ab. Wie immer hatten sich die Tiere die Nacht über eng beisammen gehalten.
Ihren nächtlichen Lagerplatz verriet noch massenhafte Losung, die, fast auf
1 km Entfernung schon kenntlich, einen ganzen Hügel dicht überzog. Um
sieben Uhr morgens grasten die Yak weithin zerstreut, eine Fläche von mehreren
Quadratkilometern sah aus wie bespritzt mit großen :,chwarzen Tintenflecken.
Bei dem fast fehlenden Graswuchse suchte ich aber vergeblich dieses großartige
Bild aus der Urzeit, das nicht den Menschen, sondern ein ungeschlachtes Rind
als den Herrn des Landes erscheinen läßt, mit der Kamera festzuhalten. Als
ich geäugt wurde, kamen die vordersten jungen Stiere etwas auf mich zu und
drohten mir, die mächtigen Köpfe senkend und schüttelnd, als wollten sie mir
zeigen : Sieh ! so von unten herauf gebrauchen wir unsere Klingen und dann
schleudern wir dich lustig mit dem Horn in die Luft.
Wohl ist das Hochland am Alang nor unbewohnt, allein die Yak werden
doch so oft von Jägern gestört, daß viele die ihnen von dem Menschen drohen-
den Gefahren kennen. Als einige erfahrenere Tiere auf meine anschleichende
Gestalt aufmerksam geworden waren, schob sich die Masse rasch immer dichter
und schwärzer werdend zusammen. Auch der alte Leitbulle hatte bald Wind
bekommen und setzte sich nun im Galopp an die Spitze. Wie ein riesiger,
dicker, pechschwarzer Heerwurm zog es sich scheinbar langsam am Hang
hinauf. Bald klang aber das seltsame Rauschen und Steinkollern von den
Tausenden stampfender Hufe nur noch aus der Ferne zu mir herab. Auf meine
Platte bekam ich nur das Ende des Zuges, dazu einen alten eifersüchtigen
Von den Ts`aidam-Mongolen „arha" genannt; es ist der Ra hu der indischen Mythologie. Das Ungeheuer wird auch oft als Wolf angesprochen.
Oft auch Alak nor ausgesprochen.
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