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0036 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 36 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Glück, fährt dann aber rasch herum und stürzt mit wütendem Brummen auf meine Helden los, die in ihrem plötzlichen Schreck alle Messer und Schußwaffen fallen ließen und davonrannten, was sie konnten. Auch die tibetischen Bären sind meistens gutmütige Tiere. Jener hatte sich offenbar an dem Kyang nur allzu satt gefressen und darum die Kaltwasserkur mit sich vorgenommen. Zum Glück verfolgte er meine drei Leute nicht ernsthaft, sondern zog sich nach der unliebsamen Störung seines Schläfchens gleichfalls rasch zurück.

Das Erlebnis gab der Mannschaft Stoff in Hülle und Fülle für die langen Abende am Lagerfeuer zum eintönigen Zischen des Blasebalgs. Gegen Sticheleien fand ich Chinesen stets sehr empfindlich, und da diesem Volke der Satz: Leben und leben lassen! im Blute liegt, so wurden die Durchbrenner auffallend wenig mit ihrer offenkundigen Feigheit aufgezogen. Nur Tschang, der sonst immer mit seinen Heldentaten geprahlt hatte, durfte die nächsten Tage seinen Mund nicht mehr so weit aufmachen. Er hatte überhaupt wenig Freunde, da er wohl schlau, aber auch sehr faul war.

Wenn auf den unbewohnten Höhen Tibets im Sommer die Sonne lacht und höchstens weit drunten am Horizont mit kaum hörbaren Donnerschlägen ein grauer Wolkenschleier vorbeizieht, der langsam Berg um Berg, Tal um Tal verhüllt, und aus dem die vorher bläulichen Gipfel und Mulden kurz darauf weißgefärbt wieder auftauchen, dann ist es herrlich dort oben in der Einöde, und so war es auf dem plumpen Rücken, den ich mir schon Tage vorher in der Bergkette südwestlich der Hoang ho- Quelle zur Weiterreise nach dem Yang tse kiang-Oberlauf ausgewählt hatte. Es war kein besonders über seine Umgebung hinausragender Aussichtsberg, dieser namenlose Punkt, von dem aus mein Blick unsäglich weit über die vielen parallelen Bergketten hinwegreichte. Eine Kette wie die andere war N 70 ° W streichend. Jede einzelne unendlich lang, so daß man an ihren Gipfeln gegen die Enden zu, ähnlich wie bei Segelschiffen auf hoher See, das Phänomen der Erdkrümmung wahrzunehmen glaubte. Dazwischen lagen ebenso lang breite, parallele, braune Längstalungen, mit vielen winzigen ovalen Seechen darin, und vollendeten die Vorstellung einer riesenhaften, zu Stein gewordenen Dünung.

Nicht viel höher als der 4790 m hohe Paß, über welchen meine Karawane zog, war eine schneebedeckte Anhöhe, von der aus sich das eben geschilderte Bild in vollendeter Schönheit entrollte. Auch hier bot das Gestein die gleichen Verhältnisse wie immer seit den Granitmassen im Gebirge Burkh`an Buda : ich fand auch hier steil gestellte Tonschiefer- und Sandsteinschichten. Als ich dort mühsam über die dünnen Scherben verwitterter Schichtköpfe und über die fast lotrechten Felsplatten hinaufkletterte, die aussehen, als wären sie künstlich eingerammt in die weicheren, oberflächlich zu Schutt und Sand aufgelösten Zwischenschichten, da tauchte oben, wie hergezaubert, die drohende Silhouette der spitzen, schweren Hornwehr eines Yakbullen vor mir auf. „Beim Gung kang tschüs dyong!" raunte mein Begleiter voll Schrecken , „der leibhaftige Berggeist!" Der „Alte" schien sich auch wirklich als solcher zu fühlen, wie er so dastand mit der schmalen Front gegen mich, so unbeweglich mich anstarrend. Lange überlegte er, ob er sich durch meine Steinwürfe von seinem köstlichen, kühlen Ruheplätzchen vertreiben lassen, ob e r wohl mich wegjagen solle. Mit Vorliebe rasten ja die Wildyakherden an den windigsten Halden und Pässen.

Weiter abseits in menschenleeren Bergwüsten betri g   eine Höbe

betritt man selten e   ,

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