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0046 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 46 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Gegenden über der Waldgrenze vorzukommen. Nie sah ich mehr als drei oder vier Stück beisammen. Sie sind äußerst scheu, obwohl sie doch von den tibetischen Luntenflinten wenig zu fürchten haben. Der Bock war eine Beute fast so groß wie ein junger Wildyak, meine Leute schüttelten bedenklich die Köpfe ob der neuen verrückten Idee ihres Herrn, solch eine in ihren Augen wertlose Knochenmasse mitsamt dem gewaltigen Gehörn mitnehmen zu wollen. Es kostete unendliche Geduld und List, die Leute dazu zu bewegen, dem Befehle nachzukommen, und nur das Versprechen eines größeren Trinkgeldes bewog endlich einen, die Last zu seinem Teil zu schlagen.

„Das muß eine ganz besonders kräftige Medizin sein," hörte ich draußen am Lagerfeuer Tschang zu den anderen sagen, „daß der Lao ai ye so viel dafür ausgeben will. Das kostet ihn neben dem Teegeld sicher noch zwei Yak, die sich daran langsam zu Tode schleppen, wenn ihnen einmal der Gui des

Tieres aufsitzt."

Der Weg das Tal hinab zog sich ungemein lang hin. Viele Tage schon sahen

wir vergeblich nach einem großen Wasser aus. Die Felswände und Geröllhänge hoben sich nur immer noch größer und wilder aus der Tiefe. Nichts deutete am Morgen des 28. August in dem engen, steilen Berglande auf die Nähe eines großen Stromes, da bogen wir um eine Felsecke und mit einem Male rauschte dicht vor mir der mächtige Yang tse kiang. Wieder war ein Stück der Aufgabe, die ich mir gestellt, gelöst. Der „Blaue Fluß" war erreicht, der „Da kiang", der „Kin scha kiang" (Goldsandfluß), der „Tung tien h`o" 1), der „Muru ussu" 2)

der Mongolen, der „schDdre tschü", „Dre tschü" der Tibeter und wie die Dutzende von Namen heißen mögen , die ihm auf seiner langen Reise zum Meere von Menschen gegeben wurden. Keine 200 m breit zwängte und krümmte er sich zwischen zahlreichen hohen Uferterrassen hindurch , ganz so , wie ich es zwei Jahre vorher beim Hoang ho im ngGolokh-Lande gesehen hatte. Auch hier fand sich ein relativ enges Längstal, aus dem links und rechts an die 1000 m hohe Bergketten emporragen, aus fast senkrecht aufgerichteten quarzaderreichen Sandstein- und Tonschieferbänken bestehend (Tafel VIII).

Ich ritt sofort auf dem größten Pferde, das ich besaß, in den Fluß hinein, aber nach einigen Schritten schon hatte dieses den Grund unter den Füßen verloren. Erst viel weiter stromabwärts kamen wir schnaubend und prustend wieder an das rettende Ufer zurück. Es war ausgeschlossen, mit den beladenen Tieren den Fluß zu durchschwimmen, obwohl uns das viel breitere Bett verriet, daß zurzeit gerade ein besonders niederer Wasserstand war. Gerade an der Einmündungsstelle des Tales, das ich herabgekommen war, schienen aber die Verhältnisse für eine Fähre sehr günstig, und ich beschloß daher, gleich hier zu lagern und ein Floß bauen zu lassen. Es war für diesen Fall bereits Vorsorge getroffen. Seit Barun schon war den geschlachteten Ziegen und Schafen die Haut immer nur in einem Stück abgezogen worden, so daß jetzt diese Häute nur noch an den Beinen und am Hals zugebunden und die dadurch entstandenen Säcke aufgeblasen zu werden brauchten. Die nötigen Stangen hatte ich von Barun ts`aidam mitschleppen lassen; sie dienten dazu, den Rahmen des Floßes herzustellen, an dem zwölf jener Luftsäcke befestigt wurden. Waren auch meine

  1. Rockhill in „The land of the lamas" • tung Lien h`o = river of all heaven.

  2. Oder Muren usse = Flußwasser, früher Kuke usse = blaues Wasser.

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