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0050 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 50 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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versuchte die Herde zu zählen und hatte es schon auf 3400 Stück gebracht, als sich die schwarzen Massen so dicht zusammendrängten, daß ich es aufgeben mußte, die volle Zahl festzustellen. Es war ein richtiges Heer, das nun vor meinen Augen über den großen Fluß setzte. Der Knall meiner Büchse, mit der ich mir ein Opfer holte, hatte erst den Tieren einen panischen Schrecken eingejagt, allein die wilde Hast legte sich rasch wieder. Wohl mußten diejenigen, die sich links von mir befanden, durch den tiefen Fluß schwimmen, wo sie ihn eben erreicht hatten, aber die anderen, denen es gelungen war, sich flußaufwärts zu wenden, sah man bald darauf in geordneten Echelons halten und vorsichtig Bullen als Eklaireurs voraussenden, die erst die beaten Stellen der dortigen Furt aussuchten, ehe sich die Hauptmacht, ein Trupp hinter dem anderen, dem unsicheren Schlammgrund anvertraute. Und wie sicher die Bullen den besten Platz erkundet hatten, erkannte ich am Tage darauf, als ich selbst nach einer günstigen Übergangsstelle für meine Karawane ausschaute. Von diesem Flußübergang hatten mir die Yüchü-Tibeter berichtet und ihn „Tschü mar rab wden" genannt, was auf deutsch „die sieben Furten über das rote Wasser" heißt (Tafel LXX des I. Bandes'). In der Tat mußte ich hier über sieben größere Flußarme setzen. Deutlich war zu erkennen, daß erst wenige Tage vorher der

Wasserstand ein viel höherer gewesen war. Bei allen den Flüssen in Hochtibet   i
wechselt ja die Menge des Wassers in den Sommermonaten ungemein stark. Als ich übersetzte, mußten nur die Ziegen und die Hunde schwimmen, wie den Tag vorher die wilden Yakkühe , sie trieben alle weit fiußab. Die größte Schwierigkeit war, für die beladenen Tiere einen Weg durch die Schlammbänke zu finden, die sich zwischen den einzelnen Armen breit machten.

Jenseits der Furt beschloß ich, die Fortsetzung der breiten und dabei doch trockenen Längsfurche, welche wir gekommen waren, noch weiter gegen WNW zu benützen, um den Abstand zwischen uns und den Yüchü zu vergrößern 2). Keinen Menschen macht nämlich eine günstige Gelegenheit so leicht zum Dieb wie einen Tibeter. Bei der Beratung verriet heute Tschaschi, daß auch er auf der Rückreise von seiner Pilgerfahrt nach Lhasa 3) wie die anderen Kue deTibeter, mit denen er zusammen reiste, am Passe Dang la noch einmal umgedreht war, um nächtlicherweile in Nag tschü ka einige Yak und Ponys zu rauben. Zwei Monate hatten sie in Nag tschü ka ihre Karawanentiere weiden lassen, während sie selbst, wie üblich, auf gemieteten Pferden zum Ko tou vollends nach Lhasa zogen. Jetzt machten sie zum Dank noch einen Raubanfall auf ihre Gastgeber ! „'s ist mal bei uns so Sitte," entschuldigte sich der dreckige Tschaschi zum Schluß.

  1. Tibeter sagen, der Tschü mar (Roter Fluß) gebe zusammen mit dem schDschrertschyang - tschü (Yakkuh- und Wildeselfluß) den schDschre tschü (Yakkuhfluß). Letzteres ist der gewöhnliche tibetische Name des Yang tse kiang. Meist wird hierfür De t s e ha oder D r e tschü geschrieben. Der Name rührt wahrscheinlich von hbri mo = Yakkuh her, was ich als mdsche" oder schdschre" ausgesprochen hörte.

  2. Ganz klar war ich mir nicht, wo ich mich befand. Wegen der Größe des Flusses

hielt ich den Tschü mar lange für den Yang tse kiang selbst. Unsere besten Karten versagten hier vollständig.

  1. In ganz Nordtibet, bei den Banag kaksum der Kuku nor-Gegend wie in Amdo, wird Lhasa, das bekanntlich aus Lha = Gott und sa — Boden, Ort, zusammengesetzt

ist, nicht wie sonst 1 und darauffolgend h ausgesprochen, sondern wie ein englisches th, dem noch ein h-Laut folgt.

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