National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0058 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 58 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

A

~ .~,~'.`,~.• ~.-

ct .

nachrennen, auf. Auch unser lebender Proviant ist uns damit genommen. Auch sie verschwinden wie die Yak und die Pferde in einer tiefen Schlucht

in den Bergen.

Eine kleine Felsrippe quert diese Schlucht nahe ihrer Mündung. Hinter ihr sind einige Feinde abgesessen und begrüßen uns mit surrenden Blei- und Kupferkugeln. Wir umgehen sie und klettern keuchend weiter den Hang hinauf. Mein Herz schlägt, daß mir fast schwarz vor den Augen wird. Kurz vor dem Gipfel des über 200 m hohen Berges breche ich kraftlos zusammen. Immerzu werden wir von oben beschossen. Mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit hatten sie dort aus herumliegenden Steintrümmern Masken errichtet, die einem liegenden Schützen täuschend ähnlich sahen, so daß wir auf diese mehrmals anlegten. Aber nur aus den Zwischenräumen zwischen den Masken wurde auf uns gefeuert und nach jedem Schuß wechselten die Tibeter den Standpunkt. Für uns aber wollte sich keine Deckung zeigen; schon war Gu pai tse getroffen.

Als wir endlich doch die Höhe erreicht hatten, war meine Herde schon auf den nächsten Berg getrieben und die Nachhut verschwand eben unten in dem dazwischenliegenden Talgrunde im toten Winkel. An eine weitere Verfolgung war nicht zu denken. Wir mußten rasch zurück in das leerstehende Lager, um wenigstens dieses zu sichern. Ich konnte nur noch feststellen, daß es über 120 Räuber waren, die uns angegriffen hatten. Sie zogen in südöstlicher Richtung ab, der Gegend zu, in die wir Ende August gekommen waren. Die Haartracht, die Kleidung und die Schuhform war ganz dieselbe wie die der Yüchü von damals.

Während des Rückzugs zum Lager hörten wir plötzlich einen dumpfen Knall. Wir konnten nicht entscheiden, woher er rührte, von Feinden war nichts zu sehen. Meine Chinesen aber riefen : „T`ien gu siang leao !" (Die Himmelstrommel hat geschlagen.) „Diese ist immer zu hören," sagten sie, „wenn eine große Sünde begangen worden ist." Im Jahre 1895 während der Mohammedaner-rebellion in Hsi Hing fu sei auch öfters die Himmelstrommel zu hören gewesen, auch nachdem die Rebellion niedergeschlagen worden war. Daß sie nun wieder ertönt war, richtete meine Leute auf und ließ sie hoffen, daß wir noch nicht verloren seien, daß ihr „t` ien hwang ye" sie noch nicht ganz verlassen hatte.

Es dunkelte, als wir wieder im Lager waren. Kein Mensch sprach, aber jeder schluchzte. Die Nacht verging mir ohne Schlaf. Konnte ich vielleicht doch noch weiter vorwärts dringen? Kann ich nicht doch noch meinen ursprünglichen Plan ausführen und nach dem Selling ts`o und in die großen weißen Flecke Westtibets durchstoßen? Wenn ich dies trotz aller Unbill durchführe, kann ich dabei auch noch wissenschaftliche Resultate erhalten? Muß ich nicht allzu viel von der Ausrüstung, von den Instrumenten, von den photographischen Platten und Büchern zurücklassen? Und wenn ich mit den wenigen geretteten Tieren nicht so weit nach Westen ausholen kann, wo kann ich mir neue Yak, neue Pferde verschaffen? Ich war weit näher an dem zum Lhasa-Gebiet gehörenden Nag tschü ka als an Ts`aidam. Werden mir die Tibeter, wenn ich dort angekommen bin, Tiere verkaufen und zu welchem Preise? Sicherlich wird man meine Notlage ausnützen. Ich überschlug mein kleines Kapital, das ich bei mir hatte. Es wäre mir nach dem Kauf der neuen Karawane für die weitere Reise zu wenig mehr übrig geblieben. Am Morgen stellte ich aber dennoch der Mannschaft die Frage und erklärte, weiterziehen zu wollen. Das Unglück aber

40

~

r

. ;7

toe

~•

k

...