National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0067 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 67 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

   

und warfen die drückenden Bündel vom müden Rücken und den schmerzenden Schultern. Unsere Fortschritte, die ich mir täglich genau berechnete, gaben zum Verzweifeln geringe Resultate. Wir legten kaum 15 km zurück. Die meisten Leute husteten und litten an Nasenbluten. Mein Herz pochte so stürmisch, daß ich fürchtete, die Strapazen nicht mehr lange aushalten zu können. Lao Ma litt ständig unter Bergkrankheit und schleppte sich nur mühselig und taumelnd vorwärts. Wir mußten seinen Pack noch unter uns verteilen. Auch die Tiere kamen schwer vom Fleck. Ein Yak hinkte, ein anderer war an der Schulter gedrückt. Zwar wurden unsere Lasten immer leichter, erschreckende Mengen verzehrten wir von dem geringen Proviantvorrat, den wir mitgenommen; die Kräfte der Tiere hielten doch damit nicht Schritt. Noch einmal mußte in einem Lager energisch gesichtet werden und manches zoologische Objekt, darunter auch meine drei schönsten Bärenfelle, blieb liegen. Auch einige der neu genähten Jacken wurden weggeworfen und ich ließ alle meine europäischen Kleider zurück, da diese nicht den gleichen Schutz gegen die Kälte boten wie der große tibetische Pelzkaftan.

Noch trottete in diesen Tagen das Yakkälbchen uns nach. Wie ich, trauerte auch mein kleiner Milchbruder um die kräftige, fette Milch seiner Mutter, die zusammen mit den anderen Tieren geraubt worden war.

Wir teilten unseren Proviant sparsam ein. Gab es Dung am Lagerplatz, so hatte jeder Mann am Abend drei Tassen heiße Nudeln und morgens und mittags heißen Tee mit Tsambamehl, das im Unglückslager mit Tschürra und viel Zucker vermischt worden war. Konnten wir kein Feuer machen, so stand auf der Speisekarte morgens, mittags und abends : Tsambamehl mit kaltem Wasser geknetet.

Unabsehbar, endlos schien die vegetationsarme Steinwüste nach Osten zu reichen. Um unsere armen Tiere auf ihr nicht Hungers sterben zu sehen, mußten wir sie verlassen und mußten noch einmal südwärts abbiegen.

An dem Marschtage darauf waren wir in 4600 m in einem breiten Tal mit einigen dünn gesäten Grasflecken. Und als wir in diesem über eine flache Wasserscheide gekommen waren, sahen wir in der Ferne zwei schwarze Punkte.

„Sind's Bären, wie wir schon mehrere in den letzten Tagen begegnet hatten?" „Nein, es sind Wildyak."

Wir vergessen darüber Erschöpfung und Bergkrankheit. Zwei Jäger werden abgesandt. Bereitwillig schleppen wir anderen noch ihre Lasten mit den unseren. Alle freuen wir uns aufs Sattessen. Vorsichtig pirschen sich die zwei an die

Tiere heran. Jetzt — jetzt müssen sie anlegen. Doch wie? Mit lautem Hallo treiben sie die beiden schwarzhaarigen Tiere auf uns zu. — Es waren zahme

Yak, die sich freilich fast wie wilde gebärdeten. Ihre langen Bauch- und Schwanz-

haare waren ihnen ausgerissen, sie waren von ihren früheren Besitzern in erschöpftem Zustand aufgegeben worden. Was noch an ihnen zu gebrauchen war,

die Haare, aus denen die Tibeter ihre schwarzen Zelte und ihre starken Stricke

verfertigen, hatte man mitgenommen. Die Lhasa-Karawane, die sie verloren hatte, mußte schon vor längerer Zeit hier durchgekommen sein, denn die Tiere

hatten sich trotz der spärlichen Weide gut erholt. Nichts kam uns willkommener als diese Hilfe. Die acht Yak, die wir nun hatten, erlaubten uns den Luxus, daß drei von uns ohne Rückenlast marschierten. So konnten wir in den nächsten Tagen mit Erfolg wilden Yak nachstellen und bewahrten uns dadurch vor allzu großer Schwächung durch Hunger.

45

 

w

r