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0070 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 70 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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herunter und aßen sie roh. Erst als der schlimmste Hunger gestillt war, suchten wir nach trockenem Dung, legten dann die Beefsteaks auf das glostende Häuflein und rösteten sie uns. Ganz wenig Fleisch haben wir gesotten, und dies nur ganz kurze Zeit, damit es nicht so hart wie Leder würde.

Endlich tauchte fern aus Dunst und Nebel, von Osten her, ein größerer Bach auf, die riesige Talung des Schogha gol, den einst Prschewalski entdeckt hat und den ich schon lange herbeigesehnt hatte. Der in verschiedene Arme geteilte Fluß windet sich in großen Bögen und tritt dann da, wo wir ihn erreichten, in eine Enge zwischen hohe Kalkberge ein.

Wir waren nun auf 3980 m herabgekommen und die Beschwerden, die wir durch die dünne Luft hatten, waren gewichen. Wohl gab es nun oft eine ziemlich reiche Vegetation, dornige, stachelige Büsche, j a Sträucher, die beinahe Manneshöhe erreichten, aber nirgends war mehr Gras für die hungerleidenden Tiere. Es war ganz schrecklich für mich, ihre Leiden mitanzusehen.

In dem Lager am Schogha-Fluß hatte ich eine schwere Entscheidung zu treffen. Flußabwärts dem Schogha zu folgen — wie ich geplant hatte — war ausgeschlossen. Der Fluß verschwand zwischen vollkommen vertikalen Kalkfelswänden (Tafel XII). Wir waren in dem eiskalten Wasser 1/2 km abwärts gewatet, ohne das Ende der Klamm zu erblicken.

Sollten wir die Lhasa-Straße weiterziehen und dem Schogha-Fluß aufwärts folgen, oder sollten wir auf neuen Wegen das uns ganz unbekannte Felsgebirge vor uns im Norden queren?

Ich wog den Proviant ab. Kärglich zugemessen reichte er noch für acht Tage. In dieser Zeit aber konnten wir auf der Lhasa-Straße unmöglich in bewohnte Gegenden gelangen. Auf das Jagdglück zu bauen und durch Fleisch den Proviantvorrat zu strecken, war in der dürren Gegend so gut wie aussichtslos. Der Mut der Leute war gänzlich zusammengebrochen, als uns das neue Hindernis, die Schogha-Klamm, so unerwartet den Weg verlegte. Ich bekam bittere Vorwürfe zu hören, als hätte i c h unser ganzes Unglück ver-schuld et. Wenn mir das Glück nicht bald wieder hold wurde, hatte ich noch eine schwere Meuterei zu gewärtigen. Trotzdem wagte ich es aber, die ausgetretene Straße, die meinen Leuten viel Vertrauen einflößte, zu verlassen. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!

So ziehen wir weglos ins Ungewisse weiter, und nach Überschreitung des Schogha-Flusses geht es zwischen kahlen Geröllhängen aufwärts. Nichts umgibt uns als steinige, trostlose Wüstenberge. Die Yak kommen fast nicht vom Fleck, nun es auch noch bergauf geht. Tsch`eng, Sung und Me lassen keine Minute vergehen, ohne ihre Gebete herzuplappern. Unausgesetzt drehen sie an ihren Rosenkränzen und schwingen ihre Gebetsmühle. Langsam neigt sich der Tag. Immer halten wir noch vergeblich nach Gras und Wasser Ausschau. Unsere Not war groß. Doch wenn sie am größten ist, ist immer Hilfe am nächsten. Wir kamen noch spät am Abend zu einem kleinen Fleckchen Gras, wir kamen zu Schnee, den wir schmelzen konnten, und wir sahen ganz nahe vor uns einen flachen Paß, von dem uns von ferne schon ein Lab (r)tse entgegenwinkte 1). Hier waren doch vor uns schon Menschen gewesen! Dies hob

die Stimmung der Chinesen.

1) Ich erfuhr dafür später den Namen Schah`ka kottel. Die ngGolokh sollen den Paß auf ihren Raubzügen benützen.

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