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Meine Tibetreise : vol.2 |
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unser Auge über das Schogha-Tal hinweg, dort strahlten Schneegipfel aus viele
Tagereisen weiter Ferne zu uns herüber.
Dem warmen Tag und herrlichen Abend folgte eine trübe Nacht. Achtzehn
Stunden kauerten wir unter unseren Filzstücken, während nimmer müde dichte
tt
Langgezogene, flache Rücken zwischen vielen breiten Talrissen lagen in
der klaren Abendluft mit purpurroten Farben vor uns. Sie dachten sachte
gegen Süden zu, gegen das muldige Schogha-Tal ab. Es schienen Reste von
pliozänen Ablagerungen zu sein. Aus diesen heraus reckten sich im Norden
schwarzblaue Gipfel mit plumpem schwerem Bau, gut 1000 m höher als unser
Lagerplatz, der selbst wieder über 4500 m hatte. Nach Südwesten schweifte
Flocken vom Himmel wirbelten. Trotz langer Übung habe ich nie gelernt, auf
steinigem Grund lange ruhig zu liegen. Immer mußte ich mich wieder auf eine
andere Seite legen, um den schmerzenden Gliedern Erleichterung zu verschaffen.
Nur ein wenig verschob sich hierbei einmal der Filz und gleich drang Schnee
P. ein, der rasch schmolz und einen kleinen See in meinem Nest bildete. Mehrere
Tage blieb jetzt mein Quartier naß.
''`' Endlich um drei Uhr nachmittags hellte es sich auf und wir zogen weiter.
16: Ich hatte am Tage vorher umsonst gejubelt. Als wir den Paß mit dem kleinen
Lab (r)tse hinter uns hatten, häuften sich neue Berge in unserer angestrebten
a4 Richtung und wir gerieten in eine Schlucht, die bald nach Süden umbog. Zum
Glück aber fanden wir trotz dichtester Nebelschleier, die uns aufs neue ein-
hüllten, einen begehbaren Felsriß, der von Norden herkam. In diesem ver-
t brachten wir die nächste Nacht. Es war das schlimmste Lager meiner Reise.
,1 Wir steckten in dickem Nebel. Wieder fiel Schnee auf uns herab. Die Tern-
peratur sank bis — 11 °. Nirgends fand sich Dung. Wir haben nicht einmal
Wasser und essen trockenes Mehl mit Schnee. Hungernd und zitternd hockten
wir die lange Nacht auf dem hartgefrorenen Boden. Die Wölfe kamen so dicht
an uns heran, daß wir sie mit Steinen trafen.
Endlich brach die ersehnte Dämmerung an und mit ihr kam ein Westwind,
der die Wolken etwas auseinandertrieb. Ich schrieb den 2. Oktober. Nicht
fern von uns lag ein steiler, glatter Schneehang, der zwischen hohen Kalk-
klippen zu einem Sattel führte. Den trieben wir die Tiere im Zickzack hinauf.
Es war gar nicht weit. Eine halbe Stunde Wegs für einen rüstigen Gänger.
Aber Stunde um Stunde verrann, bis wir oben waren. Und nur drei Yak
hatten ihn mit uns erreicht, die anderen hatte die Kraft verlassen, ihr Herz
versagte den Dienst, regungslos lagen sie im knietiefen Schnee. Ihre Lasten
hatten wir uns auf den Rücken laden müssen.
Dies war der letzte Paß vor Ts`aidam (4655 m). Von seiner Höhe herab
sah ich aber nach Norden zu nur wieder ein Meer von Gipfeln und Zacken
(Tafel XIII). Ungläubig schüttelten die Chinesen den Kopf, als ich ihnen
versprach, in längstens fünf Tagen bei Zelten zu sein. Nicht viel leichter als
der Aufstieg war der steile Abstieg nach Norden. Auf unseren zerrissenen
Bundschuhen glitten wir unsicher und alle Augenblicke mit den Lasten stürzend
den Hang hinab.
200 m tiefer als der Sattel gelegen, trafen wir auf ein kleines Naka-Feld
mit Gras und Binsen. Ein kleines Rinnsal entstand hier, versiegte aber nach
kurzem Lauf. Im Weiterziehen wurde das Tal zur trostlosen Wüste. Immer
öder und öder wurde es und wir kamen so langsam vom Fleck ! Beim letzten
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