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0071 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 71 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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unser Auge über das Schogha-Tal hinweg, dort strahlten Schneegipfel aus viele

Tagereisen weiter Ferne zu uns herüber.

Dem warmen Tag und herrlichen Abend folgte eine trübe Nacht. Achtzehn

Stunden kauerten wir unter unseren Filzstücken, während nimmer müde dichte

tt

Langgezogene, flache Rücken zwischen vielen breiten Talrissen lagen in

der klaren Abendluft mit purpurroten Farben vor uns. Sie dachten sachte

gegen Süden zu, gegen das muldige Schogha-Tal ab. Es schienen Reste von

pliozänen Ablagerungen zu sein. Aus diesen heraus reckten sich im Norden

schwarzblaue Gipfel mit plumpem schwerem Bau, gut 1000 m höher als unser

Lagerplatz, der selbst wieder über 4500 m hatte. Nach Südwesten schweifte

Flocken vom Himmel wirbelten. Trotz langer Übung habe ich nie gelernt, auf

steinigem Grund lange ruhig zu liegen. Immer mußte ich mich wieder auf eine

andere Seite legen, um den schmerzenden Gliedern Erleichterung zu verschaffen.

Nur ein wenig verschob sich hierbei einmal der Filz und gleich drang Schnee

   P.   ein, der rasch schmolz und einen kleinen See in meinem Nest bildete. Mehrere

Tage blieb jetzt mein Quartier naß.

   ''`'   Endlich um drei Uhr nachmittags hellte es sich auf und wir zogen weiter.

   16:   Ich hatte am Tage vorher umsonst gejubelt. Als wir den Paß mit dem kleinen

Lab (r)tse hinter uns hatten, häuften sich neue Berge in unserer angestrebten

   a4   Richtung und wir gerieten in eine Schlucht, die bald nach Süden umbog. Zum

Glück aber fanden wir trotz dichtester Nebelschleier, die uns aufs neue ein-

hüllten, einen begehbaren Felsriß, der von Norden herkam. In diesem ver-

   t   brachten wir die nächste Nacht. Es war das schlimmste Lager meiner Reise.

   ,1   Wir steckten in dickem Nebel. Wieder fiel Schnee auf uns herab. Die Tern-

peratur sank bis — 11 °. Nirgends fand sich Dung. Wir haben nicht einmal

Wasser und essen trockenes Mehl mit Schnee. Hungernd und zitternd hockten

wir die lange Nacht auf dem hartgefrorenen Boden. Die Wölfe kamen so dicht

an uns heran, daß wir sie mit Steinen trafen.

Endlich brach die ersehnte Dämmerung an und mit ihr kam ein Westwind,

der die Wolken etwas auseinandertrieb. Ich schrieb den 2. Oktober. Nicht

fern von uns lag ein steiler, glatter Schneehang, der zwischen hohen Kalk-

klippen zu einem Sattel führte. Den trieben wir die Tiere im Zickzack hinauf.

Es war gar nicht weit. Eine halbe Stunde Wegs für einen rüstigen Gänger.

Aber Stunde um Stunde verrann, bis wir oben waren. Und nur drei Yak

hatten ihn mit uns erreicht, die anderen hatte die Kraft verlassen, ihr Herz

versagte den Dienst, regungslos lagen sie im knietiefen Schnee. Ihre Lasten

hatten wir uns auf den Rücken laden müssen.

Dies war der letzte Paß vor Ts`aidam (4655 m). Von seiner Höhe herab

sah ich aber nach Norden zu nur wieder ein Meer von Gipfeln und Zacken

(Tafel XIII). Ungläubig schüttelten die Chinesen den Kopf, als ich ihnen

versprach, in längstens fünf Tagen bei Zelten zu sein. Nicht viel leichter als

der Aufstieg war der steile Abstieg nach Norden. Auf unseren zerrissenen

Bundschuhen glitten wir unsicher und alle Augenblicke mit den Lasten stürzend

den Hang hinab.

200 m tiefer als der Sattel gelegen, trafen wir auf ein kleines Naka-Feld

mit Gras und Binsen. Ein kleines Rinnsal entstand hier, versiegte aber nach

kurzem Lauf. Im Weiterziehen wurde das Tal zur trostlosen Wüste. Immer

öder und öder wurde es und wir kamen so langsam vom Fleck ! Beim letzten

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