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0072 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 72 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Schneefeld schlugen wir das Nachtlager und kochten uns mit schmutzigem Schnee unseren Tee.

Den ganzen 3. Oktober marschierten wir stumpf, ohne Wasser zu finden, das Tal hinab. Nur ein Gedanke beherrschte mich : den Nätschi gol, den Nätschi gol muß ich finden, sonst sind wir verloren! Unsere geschwächten Körperkräfte konnten zum Hungern nicht auch noch langes Dürsten aushalten.

Es war an diesem Tage der 15. des VIII. chinesischen Monats, ein großer Tag in Hsi ning, das sogen. chinesische Mondfest , „ein Fest wie Neujahr, ja noch viel , viel schöner," sagten mir meine Chinesen , „denn um diese Zeit ist die Ernte eingebracht. Es gibt viel süßes Obst, jeder hat Geld und man muß nicht wie an Neujahr seine Gläubiger befriedigen." An diesem Tage kneten die Hsi ning-Chinesen allerlei Tierformen aus Teig, setzen sie auf den Hausaltar

und essen sie am Abend.

Sandiger Löß bedeckte das Tal und die Hänge. Nur kleine Holzsträucher, nur Buschelchen, die durch ihren Bau gegen Dürre gefeit sind, standen an dem trockenen Bachbett, das im Sommer nach heftigen Gewitterregen wohl Wasser führt. Fahl war den ganzen Tag der Himmel, gelblich verschleiert die Sonne. Kein lebendes Geschöpf, kein Mäuschen lief uns über den Weg, nur zwei Geier kreisten über unseren Köpfen. Sie hatten sich wohl gestern an unseren Yak, die wir am Passe hatten lassen müssen, gesättigt und hefteten sich jetzt vertrauensvoll an unsere Spuren.

Immer wieder kommt die Frage an mich : „Wie weit ist's noch?" Wir haben fast keine Mehlvorräte und gar kein Fleisch mehr, nur nagenden Hunger und Durst. Wo meine Leute ein kleines Mausloch sehen, wollen sie es, den Bären gleich, ausgraben. Das Gehen wird in dem weichen Boden schwer. Wir hoffen nur. Bangen und Hoffen ist Menschenlos!

Am Nachmittag brach Mensch und Tier ermattet unter der Last zusammen. Unmöglich war's, das Gepäck noch weiterzuschleppen. Später, wenn wir selbst nochmals aus dieser Ode zu Menschen gelangen sollten, wollten wir mit frischen Tieren zurückkehren und es holen. Wortlos wurden in einer Rinne der photographische Apparat, die Plattenkiste und Patronen vergraben. Stumm schleppten wir uns dann weiter. Jeder Schritt kostete eine Überwindung.

Von links, von Süden her, gesellte sich jetzt zu meinem Tal ein zweites.

Es ist eher schmäler als das unserige, gibt aber die weitere Richtung an und zeigt genau nach Norden, also Tscaidam zu. Meine Aneroide sagen mir etwa 3200 m an. Es kann also nicht mehr weit bis zu der Mongolenebene sein. Doch wo bleibt nur der Nätschi gol? Völlig steril und trocken ist auch das Tal aus Süden. Die Sande des Talbodens ziehen sich ganz flach bis hinüber an den jenseitigen Bergfuß. Keine Spur eines Sommerregenbettes ist zu erkennen. — — Da —

was höre ich? -

Was rauscht? — Ist es eine Sinnestäuschung? Saust mir nur der Wind so stark um die Ohren? Noch ein paar Schritte gehe ich vorwärts, und stehe dicht vor dem gesuchten Flusse. Tief unten in einem schmalen Spalt wälzt ein mächtiges Wildwasser seine gelblichgrünen Fluten. Lotrecht und völlig unvermittelt war der nahezu 100 m tiefe Graben in die breite, sandige Talfläche eingelassen (Tafel XII). Auf eine weite Strecke war kein Darandenken, zu dem Wasser hinabzugelangen. Auch da, wo wir endlich am Abend lagerten, konnten wir nur mit Händen und Füßen kletternd zum Wasser hinabkommen. Futter für

     

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