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0078 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 78 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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die Kniee hinabreichte, auf dem bloßen Leib. Die Männer trugen auffallend viel Schnurrbärte und ließen sich außerdem eure kleine „Fliege" am Kinn stehen. Alle anderen Barthaare wurden mit der Pinzette ausgerissen. Die Haarfarbe war oft geradezu blond. Auch von Laien wurde der Kopf häufig rasiert getragen.

Das Leben der Tädschinär spielt sich gar einförmig ab. Die Yurten stehen meist allein und von einer zur anderen ist es immer eine weite Strecke. Trotzdem ist die Aufsicht des Tädschinär-Fürsten , des Dsassak , sehr streng , und jede Familie wird alljährlich um mehr als den Zehnten besteuert. Die alte Ani mußte z. B. einen vierjährigen Wallach und sechs Ziegen abliefern. Der Dsassak bezahlt damit die Priester, die für sein Seelenheil Gebete lesen.

Mein Golmo-Führer war ein lederner Geselle. Den ganzen Tag betete er seine Litaneien herunter und wurde mürrisch, wenn ich ihn einmal unterbrach und etwas wissen wollte. Obwohl er mich vier Tage weit begleitete und der Ani die dreizehn Pferde wieder sicher zurückbringen mußte, hatte er nicht einmal ein kurzes Schwert als Waffe bei sich. Dagegen warf er jeden Abend, um den sichersten Weg herauszufinden, einige Schulterblätter von Schafen in das Lagerfeuer und konstruierte sich aus den durch die Hitze entstandenen Spalten die Zukunft. Er erfuhr so, welchen Weg wir einschlagen mußten, ohne angegriffen zu werden. Jeden Abend war er sehr zufrieden mit sich, weil seine Rechnung stimmte und wir keinen Räubern begegnet waren. Die TädschinärMongolen sind heute ganz unkriegerisch. Von der alten mongolischen Waffentüchtigkeit ist hier rein nichts übrig geblieben. Wenn die ngGolokhs eine Razzia in ihr Land machen, so ziehen die Tädschinär immer den kürzeren. Sie vertrauen auf die Abgeschiedenheit ihres Landes, auf die Wüsteneien, die sie rings umgeben. Drei Jahre vor meiner Ankunft in Golmo waren aber doch sechs tibetische Desperados dorthin gekommen. Diese konnten alles, was ihnen zu Gesicht kam, wegtreiben. Zehn Jahre vorher — erzählte mein Führer — hatten die ngGolokhs den Bergtädschinär viele tausend Schafe und Yak geraubt und nie konnten die Mongolen ihr Eigentum wieder zurückerobern.

Am 13. Oktober kamen wir an den Lagerplatz Tengelik zu dem Hoschu dsangen (Oberst) Lama dyi. Zwei ärmliche Yurten lagen — nur für den Wissenden auffindbar — in dem niederen Buschwald, zwischen den Harmek- Sträuchern versteckt, die über und über mit roten Beeren beladen waren. Mein GolmoFührer kehrte hier, kaum daß wir angekommen waren, mit den dreizehn Pferden wieder um, und ich war für die Weiterreise auf die Hilfe des Hoschu dsangen oder des Herrn Regimentskommandeurs angewiesen. Dieser ist nach dem Dsassak in Tädschinär einer der höchsten Beamten und verwaltet das Grenzland gegen den Dsun Dsassak als ziemlich unabhängiger Herr. Er ist Inhaber

des roten Knopfes.

Ich sandte ihm sogleich einen Khadar und suchte ihn in seiner Behausung auf. Ein hagerer und groß gewachsener Mann mit auffallend intelligenten und entschlossenen Zügen empfing mich ziemlich freundlich. Sein Heim war in der gewöhnlichen Weise ausgestattet, nur waren darin auffallend viele Gewehre und Schwerter aufgehängt. Man sah, daß man es mit einem Kriegsmann und Grenzwächter zu tun hatte. Seine Frau, die bei meinem Eintritt sofort das Feuer anfachte und Tee kochte, entpuppte sich als Tibeterin aus Dscherkundo und als eine alte, gute Bekannte meines Da Tschang. Sie trug aber jetzt in Ts`aidam ihr Haar ganz in der Art der verheirateten Mongolinnen. Zwei dicke,

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