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0088 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 88 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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kein Strauch warf eine ruhige Silhouette, an der das Auge haften konnte. Nur Millionen und aber Millionen Sterne flimmerten rings um mich her, noch am Horizont blitzten sie so hell durch die klare Hochgebirgsluft wie oben im Zenit. Mir schwindelte und ich fühlte mich noch gegen Morgen in meinen Träumen mutterseelenallein auf der Oberfläche eines Ozeans treiben, willenlos, nicht wie es mir, nur wie es dem Fatum gefiel und wie es Lama dyi mit seinen neun

Würfeln im voraus berechnete.

„Ja, wir lieben dieses Land, unser Heimatland," sagten mir die Mongolen. Lama dyi konnte gar nicht verstehen, daß ich seine Heimat nicht herrlich fand, daß ich nicht am liebsten bei ihm geblieben wäre. Die Wüsten, die rings seine Heimat umgeben, wo die kleinen Erdgeister (gji bdag) den Boden nicht für die Menschen zurechtgerichtet haben, machten ihm sein Land ganz besonders anziehend, denn es ist durch sie vor Ketutse und Tangutse, vor Chinese und

Tibeter geborgen.

Hinter dem 'Tara usse ging es in genau nordöstlicher Richtung weiter. Salz- und Salpeterflächen, mit Erde und Sand vermischt, selten aber rein auskristallisiert, machten sich überall breit. Wir querten mehrere Arme des Bayan gol, der in seinem Oberlauf den Namen Yoghore gol führt und von Lama dyi für den Lu scha ho der Tang sen-Sage gehalten wurde. Am Abend lagerten wir am Ufer des Bulungir gol. Wir hatten damit den Nordrand des Ts`aidam-Sumpfes erreicht, denn der Bulungir gol empfängt sein Wasser bereits aus den Schluchten des Serluk (Sarlik) und Timurtu ula. Wir waren die ganze Strecke in den Fußtapfen vieler hundert Pferde geritten. Es waren die Spuren des „bu se", des Almosens, das der Tädschinär-Dsassak dieses Jahr an das Kloster Gum bum gezahlt hatte. Vierhundert drei- bis vierjährige Tiere hatten die Lama von ihrer Sommerkampagne heimgetrieben.

Die beiden Mongolen wurden nun immer vorsichtiger. Sahen wir in der Ferne einige Kyang, so fürchtete Lama dyi gleich, es seien Reiter und Räuber. Am Abend des vierten Reittages kamen wir an Zelte, an die Yurten des Belli, des Fürsten der Kukut-Mongolen, die zwischen Dünen von stattlicher Höhe versteckt lagen. Der Ort heißt Tsokh`o und ist eine Oase, die jeden Herbst vom Belli aufgesucht wird. 20 km weiter im Norden beginnt der Serluk daban mit kahlen, gelben Felsen aufzusteigen. Dazwischen dehnt sich wieder dürrer Piedmont gravel aus, ganz wie es am Südrand von Ts`aidam der Fall war. Zwischen den Dünen gab es einige Tümpel und Schilfweiden ; auf diesen tummelten sich Tag und Nacht an die zweihundert Pferde und viele Rinder und Yak, die alle dem Fürsten gehörten. Der Belli ängstigte sich nicht weiter um die Sicherheit seiner Tiere, denn den Fürsten selbst zu berauben, wagen die

Tibeter nicht. Er hat Geld genug, um jeden Prozeß im Amban-Ya men durchzusetzen, und kann erwirken, daß ein Stamm wegen seiner Viehdiebstähle vom

Markt in Dankar ausgeschlossen wird. Die Untertanen des Kukut belli aber besaßen nur wenige Pferde. Sie werden oft von den Tibetem beraubt und haben immer nur geringe Aussicht, ihr Eigentum wieder zu sehen. Sie sind zu arm, um kostspielige Prozesse führen zu können.

Hier in Tsokh`o hoffte ich, vom Belli neue Pferde mieten zu können. Wir trafen jedoch in den 10-15 Yurten nur zwei Priester und im übrigen Frauen an, die die Milchwirtschaft besorgten. Der Fürst war mit seinen Knechten 100 Li weiter im Süden am Tsaghan usse, um dort seine Gerstenfelder abzu-

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