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0090 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 90 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Der Meren der Kukut-Mongolen gab sich als ein trockener und einsilbiger Mann. Er lebte aber mit einer sehr hübschen, jungen, kräftig gebauten Frau zusammen, die mich in der engen Yurte bewirtete und so gut aufnahm, daß ihr Ehemann allen Grund hatte, eifersüchtig zu werden. Zum erstenmal seit dem Unglückslager droben hinter dem Tschü mar schlief ich wieder eine Nacht unter einem Zeltdach. Ich habe aber diese Nacht nicht einmal gut geschlafen, denn da die Temperatur in der Yurte, wo wir zu dreien auf dem Boden lagen, über den Gefrierpunkt stieg, wurde es mir viel zu heiß.

Hinter Dalan Turgan — von den Kukut-Mongolen zu den Wang ka-Mongolen — brauchten wir nur zwei Tage, um wieder zu Menschen zu kommen, freilich ritten wir immer von morgens bis abends. Der Weg blieb weiterhin trocken und wüstenhaft. Wir stießen wieder auf die große Straße, welche die Lhasa-Karawanen von Hsi ning aus einschlagen, und kamen schon am ersten Tage, und ehe das Randgebirge erreicht war, über eine Wasserscheide, „ch` ao torch` ä" genannt (3225 m hoch), auf der ein großes Steinobo stand, das unsere Führer umritten, mit voller Lungenkraft : „Lhá rdyalo ! Lhá rdya lo 000 !" rufend. Von allen wurden neue Steine dem großen Steinhaufen des Obos zugefügt'). Bald hinter dem Sattel senkte sich der Weg zwischen nackten Felsen immer tiefer, wir • zogen durch das Domu gaschu-Tal zwischen wildzerrissenen Schluchten, bis wir bei Einbruch der Dämmerung das Ser!uk- (zu deutsch : Yak-) Gebirge hinter uns gebracht hatten. Und wiederum lag ein riesiger Salzsumpf vor uns, der unabsehbare Kilometer weit nach Nordwesten sich hinzog. An seinem Ufer legten wir uns endlich zum Schlafen nieder. Unsere Führer banden die Nasenseile der drei alten Kamele, die man uns in Dalan Turgan vermietet hatte, eng zusammen, so daß keines von ihnen weiden, zugleich aber auch keines nach dem langen Tagesmarsch sich noch weiter seine Fußsohlen auf den vielen spitzen Steinen wundlaufen konnte. Außer den alten Kamelen hatte man mir in Dalan Turgan noch sechs wohl sechzehn- bis zwanzigjährige Ponys vermietet. Sie zeigten eine ganze Musterkarte von alten Huf- und Beinübeln. Man hatte mir erst 1 Tael für das Stück berechnet und der Meren wollte behaupten, seine Mongolen hätten keine besseren, alle guten seien von den Tibetern gestohlen oder als Steuer an den Belli bezahlt worden. Durch viele Kreuz- und Querfragen in die Enge getrieben, gestand er aber schließlich ein, daß es Tiere seien, die der „Wang", der König, vom Kuku nor für sich gekauft habe, denn der habe ein „Geschäftchen" mit den Wanschdächce gehabt und müsse jetzt Blutgeld für einige erschossene Tibeter bezahlen. Hundertzwanzig Pferde seien von den Parteien als Sühne ausgemacht worden; da aber nicht festgesetzt worden sei, was für Pferde gezahlt werden müßten, so kaufe der Wang überall Pferde für 1-2 Tael (nach dem damaligen Kurse 3-5 Mark) das Stück zusammen. Was für eine stolze Kavalkade wir darum auf dieser Strecke gebildet haben, kann sich jeder leicht vorstellen. Am zweiten Tage mußten alle zu Fuß gehen, weil uns die Tiere nicht mehr tragen konnten. Auch schon am ersten Tage machte das Reiten auf den klapprigen und wackligen Knochengerüsten keinerlei Vergnügen. Ich hatte noch das kräftigste, weil jüngste Tier, aber es hatte vorne

   
   
   
   

1) Auch die chinesischen Lastträger legen Steinbrocken auf die Pässe, wenn auch auf etwas andere Art (s. S. 41). Sie werfen die Steine nicht auf einen Haufen, sondern stellen Kiesel und faustgroße Steinplatten aufrecht an den Rand des Weges.

   
   

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