National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0096 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 96 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

         
   

 

   

stärkte. Ich hatte ihn deshalb zuerst in dem falschen Verdacht, daB er Opiumraucher sei. Er war ein gemütlicher Unterhalter, der langsam und behäbig

seine Worte setzte und dabei fortwährend — wie die vornehmen Chinesen es zu tun pflegen — zwei Metallkugeln in der hohlen Hand gegeneinander drehte,

um seine Finger geschmeidig zu erhalten. Er sprach Dankar-Chinesisch und Kuku nor-Tibetisch so gut wie seine mongolische Muttersprache, welch letztere er wie alle mongolischen Adligen auch in der Schrift beherrschte 1).

Nachdem ich vollends den Tsching hai wang persönlich kennen gelernt hatte, war ich nicht mehr erstaunt, daß die Tibeter den Mongolen alles Land

um den Kuku nor hatten wegnehmen können, so daB man heute besser daran

täte, den See auch bei uns „ts`o ngombo", d. h. mit dem tibetischen, nicht mehr mit dem mongolischen Namen zu benennen. „Die ,fan tse`" — hörte der

gute Wang ye nicht auf, zu jammern — „werden frecher zu jeder Frist. Ich bin

in dem Lande meiner Väter nicht mehr Herr." Als demütig Bittende sollten die Tibeter in dieses Land gekommen sein und eine Zuflucht vor den Mahari

(Mah`ah`ge), den mächtigen Stämmen jenseits (östlich) des Hoang ho, gesucht haben. Sie pachteten von den Mongolen einige Weideplätze, machten aber bald immer weitere Ansprüche 2).

Nur durch kleine Listen hält sich der Fürst noch. Die Wang ka-Mongolen bauen alle paar Jahre im Dulan gol-Tal etwas Gerste an. Wären sie aber nicht

unvermutet wenige Wochen vor meiner Ankunft zur Stelle gewesen, so hätten die Wanschdäch`e, ohne zu fragen, alles Wintergras dort herum abgeweidet. Im nächsten Frühjahr hätten dann die Mongolen nicht zum Säen kommen können, weil ihre Tiere während des Anbaus der Gerste keinen Halm mehr vorgefunden hätten.

An den folgenden Tagen war ich noch mehrfach beim Wang ye zu Gast; dann machte die Fürstin mit dem Kronprinzen und mit einer drallen Magd Feuer

  1. Das Banner der Tsching hai wang ye hatte früher acht Schwadronen und ihr Land ging einst vom Bukhain gol im Norden bis zu den Wahong-Bergen und zum Tossun nor. Es ist das erste westliche vordere Khoschot-Banner nach der Aufzählung im Meng gu yu mu dyi. In der Gegend, wo ich den Fürsten traf, stand auf dem linken Dulan-Flußufer die Residenz der Herren des Kuku nor, ehe die Khoschoten unter Ibula (s. S. 188) 1509 kamen. Auch Ibula wie Guschri Khan sollen der Sage nach hier

residiert haben.

Die Familiengeschichte der Tsching hai tschün wang ye weist u. a. folgende Daten auf : 1697 stellte sich Tsewang Rabdan Dalai Taidschi, der dritte Sohn von Dordschi, der vom sechsten Sohn des Guschri Khan abstammt, in Peking vor und wurde durch Kaiser Kang hsi's Gnade 1703 Doro Tschün wang (Regulus II. Kl. ). 1782 wurde der Titel erblich. 1792 erhielt das damalige Familienoberhaupt für die Unterstützung und Kamellieferung im Tibetisch-Nepalesischen Krieg den Titel Ts`in wang (Regulus I. Kl. ). [In Jigs-med nam-mka der tibetischen Geschichte des Buddhismus in der Mongolei (Ausgabe G. Huth, 1896), wird der obengenannte Dordschi „rpo rje Talai Hwon T`aici genannt und stammt die Familie des Guschri Khan von Habot`wo Hasar (Khabutu Khasar), einem jüngeren Bruder des Großen Dschinggis Khan ab und zwar von der mit 'Orog T`emur beginnenden Linie Huse C`insan.] Nach Pallas ist Guschri Khan die 17. Generation hinter Khabutu Khasar und mein Kronprinz (Tafel XIV) wäre der 23. Urenkel des Khabutu Khasar, des Bruders von Dschinggis Khan.

  1. Die Wanschdäch`e z. B. wohnten im 18. Jahrhundert noch auf dem rechten Hoang ho-Ufer. Sie sind die ersten, die mit Sack und Pack über den Fluß wanderten. Im dritten und vierten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde der tibetische Ansturm am kräftigsten, d. h. in der Zeit des deutlich fühlbaren Niedergangs der mandschurischen

Macht.

70