National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0101 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 101 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

75

gegriffen worden? Griffen sie selbst an? Wir blieben auf Vermutungen angewiesen. Der vielköpfigen, bissigen Meute wegen konnten wir es nicht wagen, aus dem Zelte hinauszutreten. Die Frauen, die mit uns schliefen, blieben ruhig liegen. Auch von ihnen war nicht herauszubringen, was los sei. Stundenlang horchten wir gespannt in die Nacht hinaus Schließlich schlief man eben wieder ein. Als Sangr am Morgen zurückkam, ließ er sich auf die Ereignisse der Nacht nicht weiter ein und führte mir sofort seine Pferde vor, die er noch weiter in den Himmel hob. Es waren aber die allerelendesten Mähren, die der Stamm besaß.

Vor dem Abschied machten wir noch lange Teesitzungen in den Nachbarzelten, dann zog ich weiter nach dem fünf Stunden entfernten Kloster Dulan se, während Schü weiter seinen Geschäften bei den Wanschdäch` nachging.

Unterwegs begegnete ich dem Teetransport eines Schar ba-Händlers, den drei Wanschdäch` Tschabtsa-Leute geleiteten. Der Besitzer, ein Mohammedaner aus Sung pan ting, traute sich nicht, selbst mit seiner Ware und seinen kostbaren Pien niu zu reisen. Er war am Tage zuvor im Kloster Dulan von dem Tung sche des Bi tieh sche gestellt worden, und da er keine Ambanlizenz besaß, mußte er diesem eine Last Tee im Wert von etwa zwanzig Tael als Buße ablassen. Um nicht auch meinem Freunde Schü in die Hände zu fallen, ritt er jetzt nicht mit seinem Transport. Die erste Strafe bot j a keine Gewähr dafür, daß er nicht noch einmal Buße zahlen mußte, denn diese Bußen gehen nicht in den Säckel des Ya men, sondern in die Tasche des Tung sche und bilden einen Hauptteil seines Gehalts. Für die Sung pan-Teehändler ist es sehr schwer, j a unmöglich, sich eine Handelslizenz (Preis : 3 Tael 5 Mace), zu verschaffen, da diese immer nur für eine Reise gilt, und ihr Weg ins Ts`ao ti sie nie über Hsi ning führt.

Einer der den Teetransport eskortierenden Tibeter hielt mich wegen meines Anzugs für einen der ngGolokh-Horkurma-Kaufleute und verfolgte mich zu Pferde. Erst als ich mein Gewehr anlegte, brachte er seine lange Lanze in etwas respektvollere Entfernung. Wir unterhielten uns dann und es bestätigte sich, daß die Wailschdäch`e unter der Führung meines Gastfreundes in der Nacht zuvor die Horkurma-Leute angegriffen und ihnen einen Teil ihrer Yak weg-

genommen hatten. Sechzig Wan"schdäch`e hatten die dreißig Kaufleute überfallen und auf beiden Seiten hatte es Verwundungen abgesetzt.

Das Kloster Dulan ist ein elendes Nest der Wang ka-Mongolen. Eine weitläufige Umwallung umschließt einige Höfe, den Ya men des Fürsten und das sogenannte Labrang oder Lawran (bla bran), das eigentliche Kloster oder vielmehr die gelegentliche Wohnung und Stätte der „Retraite" für die Mina-Inkarnationen. Für gewöhnlich wohnen dort nur zwei Mönche , und diese hatten zur Zeit meines Besuchs ihr ganzes Allerheiligstes mit geschmuggeltem Sung pan-Tee vollgepfropft. Im äußersten Hof schlugen eben die Handwerker, die Zeltmacher, Schmiede, Büchsenmacher der Wang-Mongolen für den Winter ihre Yurten auf. Außer diesen wohnten hier nur noch ein paar Greise in ärmlichen Schuppen. Der Ya men ist in chinesischem Stil gehalten; chinesische Arbeiter haben ihn einst errichtet. Der jetzige Wang bewohnt ihn so gut wie nie. Die Ansiedlung liegt in einem breiten, muldigen Tal. Steil steigen aus ihm im Norden wie im Süden die Felsberge auf. Um die Hänge der südlichen Berge schlingen sich wie ein Band in einer Höhe von 3300-3500 m Wäldchen aus Thuj en und Fichten. In diesen dünn bestockten Hainen gedeiht der offizinell