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0107 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 107 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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daß nicht mehr Unheil durch das Wasser angerichtet worden war, er wollte durch Steinwürfe Ts` o ning verrücken und die Öffnung wiederherstellen. Zum

Glück für die arme Menschheit traf er jedoch Ts`o Hing nicht. Seine Steine, mit denen er vom Strande aus nach Ts`o ning warf, fielen schon auf halbem Wege in den See und dort sieht man sie noch.

Nach einer chinesischen Version wollte einst eine Frau an der Stelle der heutigen Insel in einem Brunnen Wasser holen, vergaß aber den Deckel zu

schließen. Da quoll das Wasser über und bedeckte die ganze Ebene. Ein Gott, Wo fo (Buddha), erbarmte sich endlich und warf einen Block, die Insel, auf den Zauberquell.

Herrliche Grasweiden bedecken das ganze Südufer des Sees vom Wasser an bis auf die weich geformten Gipfel hinauf, die ihn umsäumen. Die Weiden sind bei allen Nomaden berühmt und viele tibetische Lieder singen von der Ts`o ngombo1) yung, der Ebene des Kuku nor, als dem Land, wo immer Milch und Butter in Hülle und Fülle vorhanden ist. Obwohl noch zum Bereich des abflußlosen Zentralasiens gehörig, wird dieser Landstrich während der Sommermonate noch so viel von Regenfällen benetzt, daß das Gras üppig gedeihen kann. Im Winter ist das Land für die Nomadensiedlungen günstig, weil hier sehr wenig Schnee fällt und die Herdentiere selten Schwierigkeit haben, ihr Futter unter der dünnen Schneedecke zu finden.

Trotz der verhältnismäßig niederen Lage des Seespiegels — nach meinen Messungen sind es 3200 m 2) — finden sich auffallenderweise Bäume hier herum selten. In einigen Mulden und zwischen Felsen versteckt habe ich ein paar Nadelhölzer entdecken können. Sonst läßt der Wind, der Weststurm, der im Winter über die Ebene hinbraust, Baumwuchs schwer aufkommen. Vielleicht ist es aber auch der Mensch, der vorzeiten schon die Bäume hier ausgerottet hat. Knorriges Weidenbuschwerk findet sich dagegen häufig, aber auch dies — wie immer in Tibet — nur da, wo es vor allzu großer Austrocknung durch Sonnenstrahlen geschützt ist, nur an Halden, die nach Norden, Nordwesten und Nordosten abfallen.

Eine ganze Reihe von tibetischen Stämmen teilt sich in das Südufer. Als ich durchkam, hielten sich jedoch alle auf der wärmeren Südseite des SüdKuku nor-Gebirges auf, und von der Dábassu nor-Ebene bis an den Ostrand des Sees suchten wir vergeblich nach Menschen. Von lebenden Wesen sahen wir nur einen Bären, und der gab zu meinem großen Leidwesen, lange ehe ich mich an ihn herangepirscht hatte, Fersengeld. Unbelebt, tot lag das Ufer da. Vergeblich sucht das Auge nach einem Lebenszeichen auf dem wogenden, blauen Meere, das nach Nordwesten zu kein Ende zu haben schien. Vergebens späht man an seinem Rande nach einem Stückchen Treibholz, wie es doch selbst das Polarmeer an seine Küste spült. Die langen, salzigen Wogen branden und brausen auf einen toten Strand und das frische Blau, das so scharf aus dem fahlen Herbstgrün der sanft abdachenden Schuttflächen der Berge heraussticht,

  1. Die Chinesen wenden, wie auch De Groot schreibt (s. Les fêtes annuellement célebrées à Emoui, I, 92, Anm. 2) das Wort „ts`ing" (tsch`ing) sowohl für das Blau des Himmels als für das frische Grün der Blätter an. So auch die Nordtibeter bei „ngombo", das sie für Blau und das frische Grün des Prairiegrases benützen.

  2. Hedin 3040 m; Futterer 3250 m; Prschewalski 3200 m; Kozlow (1901) 3210 m. Die Temperatur des Wassers war am 6. und 7. November + 5 ° C.

6 II.

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