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0121 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 121 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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genug sind, um sie über die öde Tschang tang nach Zentraltibet zu schleppen.

Da ich auf der neuen Reise rasch vorwärts kommen wollte, so sammelte auch

ich dieses Mal eine Karawane von Maultieren und Pferden und hatte deshalb

in den Gobas eine scharfe Konkurrenz. Gute Maultiere, die hier oben aber

immer im Verhältnis zu denen, die in Schen si gezogen werden, recht klein sind,

stellen sich in gewöhnlichen Zeiten so teuer wie vier Yakrinder. Durch die

Anwesenheit so vieler Zentraltibeter schnellten die Preise erstaunlich in die

Höhe. Mit großer Mühe brachte ich schließlich 28 Tiere, darunter 18 Maul-

tiere, zusammen.

Am 14. Januar — ich war mitten in dieser eigenartigen Arbeit und an

diesem Tage schon zum vierten Male zum Pferdemustern auf die Straße

gerufen worden — wurde es plötzlich auffallend dunkel. Der Himmel war klar

und wolkenlos wie an jedem der Wintertage. Kein Lüftchen regte sich. Es

schien deutlich dem Abend zuzugehen. Ärgerlich brummte ich meine Diener

an, daß sie wieder einmal vergessen hätten, mir ein Mittagessen zu bringen.

Als Antwort hörte ich sie noch ausrufen : „ Or tse bu h`au !" (Der Tag ist nicht

gut, er ist ein Unglückstag!), dann trabte ich auf dem zum Kauf angebotenen

Pferde die Straße hinauf. Mein Weg führte mich durch Zufall an dem Tor des

Fu Ya men vorbei. In dem weiten Hofe waren eine große Menge Soldaten und

Musikanten versammelt, die mit ernsten Mienen auf Trommeln, mit Gong und

schrillen Pfeifen, mit Kochkesseln und allem, was nur irgendwie Lärm machen

kann, wie die Kinder einen ohrenbetäubenden Spektakel vollführten. In ihrer

Mitte stand der Präfekt in voller Amtstracht mit dem blauen Knopf und seinen

Federn auf dem Hut und den gestickten Wappenvogel auf der Brust. Vor

ihm war ein Waschbecken aufgestellt, in das er immer wieder mit sorgender

Miene hineinblickte, und hinter ihm wurde auf einem Holzrahmen, auf Papier

gemalt, das Zeichen „Gefräßigkeit" sichtbar.

Auch aus einem nahen Tempel klangen dumpfe Trommelschläge an mein

Ohr und aus allen größeren Höfen begann eine gleich schauerliche Katzenmusik.

Man bekämpfte so — die S o n n e n f ins t er n i s dieses Tages. Wer ein

offizielles Amt bekleidete — und deren sind in Hsi Hing fu wahrlich nicht wenige

— sah sich von Amts wegen bemüßigt, mit allen seinen Angestellten Radau zu

machen, ihnen schlossen sich aber auch alle Vermögenden der Stadt an, alle

Handwerker und Bauern tuteten und klopften, in dem Bestreben, mit ihrem

Lärm die Sonne zu retten und das böse und gefräßige Ungeheuer, das sie auf-

zufressen drohte, zu verscheuchen. Vor Wochen schon war dazu aus Peking

aus dem astrologischen Amt ein Befehl eingetroffen. Wie ein großer Stratege

verfolgte der Präfekt inmitten seiner Mannschaften den Erfolg seiner Waffen.

Und er hatte auch dieses Mal wieder Glück ! Das Ungeheuer zog sich fügsam

zurück. Die Sonne erstrahlt wieder in der alten Weise. Der Präfekt macht ihr,

als die Gefahr vorüber, einen Ko tou mit neunmaligem Nicken des Kopfes

und verschwindet, überlegen lächelnd, im Inneren seines Ya men. Befriedigt

ziehen die Soldaten nach Hause und alles geht wieder seiner gewohnten Be-

schäftigung nach.

Die Verdeckung der Sonnenscheibe wurde nicht ganz vollständig. Zur Zeit

der größten Verdunklung war noch eine winzige Sichel am unteren Rande

sichtbar. Doch war die Verdunklung so weit vorgeschritten, daß alle Tiere

sich angeschickt hatten, ihre Ruheplätze aufzusuchen; die Hühner waren wie

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