National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0126 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 126 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

Z

«

einigen niederen Ausläufern eingenistet und liegt geschützt vor Stürmen. in zweiter Linie ist es der hier in ziemlicher Mächtigkeit anstehende Lößgrund, der dadurch angehäuft wurde, daß das Süd-Kuku nor- Gebirge ruhige Winkel geschaffen hat, in denen sich der von Ferne herbeigewirbelte Staub niederschlagen konnte. Endlich und nicht zum geringsten Teil ist es der Tschabtscha tschü, ein kräftiger Bach, der dem Gebirge enteilt und der sich hier in ausgiebiger Weise zur Feldberieselung verwenden läßt, so daß oasenartig dicht neben der kargen Steppe menschliches Mühen reiche Getreidefelder, j a sogar einzelne Bäume hervorgezaubert hat. Die Bauern sind durch ihn unabhängig von den Frühjahrsregen geworden und können ihre Körner zum Keimen bringen, wenn ringsum die Steppe noch dürr und tot daliegt. Die Bewohner von Tschabtscha, sowohl die Tibeterfamilien, die Auswanderer aus dem Distrikte Bayan rung, als auch die Chinesen- und Mohammedanerfamilien, die letzteren meist Rebellen vom Jahre 1896, die seither vom Lob nor zurückgewandert sind, aber sich nicht nach Hsi Hing hineintrauen, erfreuen sich ohne Ausnahme eines sehr üblen Leumunds. Ich selbst kann mich aber nicht beklagen. Sie luden mich ein, auf einer Tenne mein Zelt aufzuschlagen, verkauften mir gegen eine lächerlich niedrige Summe Gras und Stroh und stellten meine Tiere in einen verschlossenen Hof. Um vor der Durchquerung der unbewohnten Gebiete ein letztes Mal die Sattelung gründlich nachzusehen, legten wir hier einen Rasttag ein, obwohl mein Dolmetscher Tschang mich bei allem, was mir lieb sei, beschworen hatte, dem Frieden der Tibeter nicht zu trauen und so rasch wie möglich das verrufene Nest zu verlassen. Er versteckte sich während des ganzen Rasttages in meinem Zelt und hatte himmelhoch gebeten, nicht laut werden zu lassen, daß ein Ya men-Dolmetscher bei mir sei. Tschabtscha, sagte er, stelle der Hsi ning-Regierung nie Ula und die Ya men-Dolmetscher würden hier immer jämmerlich verhauen.

Bis kurz vor meiner Ankunft hatten dreißig Horkurma-ngGolokhs mit mehreren hundert Yak ein Lager neben dem Ort und hatten von hier aus, weil ihnen als „freien Fan tse" der Markt Dankar verschlossen ist, sie keinen Hsié dia dort haben und höchstens verstohlen und in kleinen Trupps die Stadt betreten können, die für den Stamm nötigen Jahresvorräte an Getreide eingetauscht. Diese DreiBig sind für uns alte Bekannte. Es waren dieselben, denen im Herbste der Wanschdäch` Tschabtsa- Stamm so übel mitgespielt hatte.

Wer das Gruseln lernen will, muß nur in Osttibet mit einer Karawane reisen. Schon auf dem Wege bis Tschabtscha waren die Nächte sehr ungemütlich. Die Hunde wollten sich oft stundenlang nicht beruhigen und rasten immer wieder in die finstere Steppe hinaus. An dem Rasttage in Tschabtscha wurden uns eine Menge neuester Räubergeschichten zugetragen. Als ich den Versuch machte, für die nächsten Tagereisen mein Häuflein zu verstärken, wollten noch nicht einmal fünf bewaffnete Tschabtscha-Reiter mit mir gehen. Sie meinten, sie seien zu fünfen für den Rückweg noch zu wenig und zu schwach. So zog ich denn am 26. Januar allein mit meinem Trüpplein weiter. Zunächst folgten wir der großen Straße, die am Südabhang des Gebirges nach dem Dabassu nor führt. Wir waren etwa vier Stunden geritten, als ich mit dem Glase einen Punkt in der Ferne ins Auge nahm. Eine höchst sonderbare Erscheinung bewegte sich in der Richtung auf uns. In dem tanzenden Flimmerlicht glaubte ich anfänglich an einen Wildesel, dann an einen Bären. Schließlich hatten wir einen splitternackten Menschen vor uns, halbtot vor Kälte und erstarrt von dem

100