National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0138 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 138 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

 

       
         
     

Horkurma wohnte in diesem Winter auf dem linken Hoang ho-Ufer. D18

Siedlungen zogen sich an die 30 km weit das Tal hinab. Alle die vielen kurzen,

aber breiten Seitenschluchten und Mulden, die von Norden her in das breite

Haupttal münden, waren zurzeit bevölkert. Die Anzahl der Familien oder

Zelte wurde mir bald mit fünfhundert, bald mit sechshundert angegeben. Drei,

vier, selten bis zu sechs schwarze Zelte lagen beisammen. Meist waren es

Gruppen von Verwandten und Verschwägerten oder Vereinigungen, die einst-

mals von einem anderen Stamme abgefallen und zu den berüchtigten rMa yung-

Räubern übergetreten waren. Diese kleinen Gruppen lösten sich im Herden-

hüten und in ihren kleinen und großen Haushaltssorgen ab. Man hatte immer

sorgsam Stellen ausgesucht, die etwas Schutz gegen den Wintersturm boten,

der mit ungeminderter Wucht in dem breiten Hoang ho-Tal sauste und die

Eiseskälte, die in den 4100 m Höhe herrschte, durch Kleider und Felle hin-

durch bis ins Mark hineinpreSte.

Meine erste Sorge nach meiner Ankunft war, mich mit dem Oberhäuptling

gut zu stellen. Der Dolmetscher Tschang und der große Tschang mußten so

bald wie möglich sein Zelt aufsuchen und ihm einen Khádar und Geschenke

überbringen. Die Bitte um sicheres Geleite schlug der Horkurma-Chef aber aus.

Diesseits des Hoang ho sei keine Gefahr, gab er zur Antwort, was drüben passiere,

dafür könne er nicht einstehen. War es wahrlich nicht viel, was uns zugesagt

wurde, so war es doch schon viel mehr, als wir erwartet hatten. Mein Dolmetscher

Tschang hatte mich vorbereitet. Er war vor einigen Monaten als Begleiter des

Hsi ninger Bi tieh sche von K`am hier durchgekommen. Der Bi tieh sche, ein

Mandschure, und der der Tributmission zugeteilte Offizier, ein Chinese, hatten

sich in K`am entzweit. Der Offizier ließ deshalb dem Beamten vier seiner

Soldaten und reiste mit dem Rest seiner Untergebenen und mit ganz wenigen

Dscherkundo-Führern dem Mandschuren voraus. In der Nähe des Hoang ho

angekommen, sah er sich plötzlich vierhundert Reitern gegenüber, die ihn an-

hielten und umstellten. An ernstlichen Widerstand dachte man auf chinesischer

Seite keinen Augenblick. Man begann sofort mit Unterhandlungen. Der Offizier

und seine kleine Karawane, die nicht einmal den geringen Betrag des Tribut-

erlöses bei sich hatten, durften erst weiterziehen, nachdem man ein gesatteltes

Pferd, ein Gewehr mit Munition, eine Lanze, ein Schwert und Tee als Zoll be-

zahlt hatte. Dem Bi tieh sche aber, als er ahnungslos einige Tage hinterher

kam, erging es um Haaresbreite ganz schlimm, weil er noch weniger Gewehre,

dagegen eine schwerere Karawane und, wie die Fan tse richtig in Erfahrung

gebracht hatten, auch den Tribut mit sich führte. Ihn retteten vor gänzlicher

Ausplünderung nur die Tibeter aus Lab gomba, die ihn in größerer Zahl ge-

leiteten und die für die Chinesen fechten und ihr Leben lassen wollten. Nur

weil Lab gomba einen so großen Ruf in der weitesten Umgebung hatte, ließen

die Wegelagerer die Gesandtschaft um einiges erleichtert ziehen. Trotz dieser

frechen Übergriffe der ngGolokh tat der Amban nichts, um diese wichtige

Straße in seinem Revier für seine Truppenzüge sicherzustellen. Man beruhigte

sich mit den Worten, Horkurma wie alle ng Golokh gehören nicht einmal dem

Namen nach zu Kan su, sondern höchstens nach Se tschuan, also in einen

anderen Staat. Außerdem hatten — von einigen Kurieren abgesehen — nur

alle drei Jahre chinesische Soldaten diesen Weg zu ziehen und meist sitzt Hor-

kurma etwas weiter flußabwärts und denkt nicht an Belästigungen. Eine Unter-

108

t