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0148 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 148 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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dieser Händel persönlich nach Hsi ning gereist und hatte vor dem Amban Klage geführt und die chinesische Regierung um Schutz angegangen. Jetzt war hierüber ein unbedachtes Wort gefallen und jäh war unser Fest abgebrochen worden. Der kleine Prinz wollte sich nicht beruhigen lassen, vielmehr jedem sein Schwert entwinden und damit den Gegner niederschlagen. Kaum weniger hitzig war sein Widerpart. Als noch der Häuptling seinen heiBblütigen Sohn festhielt, drückten sich meine Mohammedaner, und auch ich schlüpfte wortlos davon, sowie ich eine Lücke gefunden. Wir kannten alle die Gefährlichkeit der Tibeter, wenn sie durch Alkohol erhitzt sind, und hatten zu fürchten, daß sich plötzlich die ganze Wut gegen uns kehren würde.

In den nächsten Tagen ging unser gemeinsamer Marsch durch ein niederes Hügelland. In der Karawane war wieder völliger Friede. Kaum 100 m hohe Berge mit weichen Formen galt es für uns zu überschreiten. Alle Höhen und alle die breiten muldigen Täler zeigten in Anbetracht der großen absoluten Höhe relativ dichten Pflanzenwuchs. Selten nur entdeckte ich an einer Bachecke oder an einem Grat ein Stückchen anstehenden Fels und einen Schicht-kopf, der mir erzählen konnte, wie hier der Grund beschaffen war. Auch hier sind immer noch Sandstein- und Schiefermassen von N 70 ° W-Streichrichtung bei fast vertikaler Aufstellung der Schichten zu treffen. Am zweiten Tage überschritten wir den Tschiang tschü (Kyang tschü), der nur 20 m breit und vollkommen zugefroren war. Er windet sich durch ein breites, reif aussehendes Tal, das im Sommer von den Nomadenherden besucht wird. Hier verlor die große Karawane zwei Yak, die auf dem glatten Eis ausgerutscht waren und eine Hüftverrenkung davongetragen hatten. Einem großen Teil der Tiere und allen den kostbaren Yakbastarden hatten die Treiber für diesen Übergang die Hinterbeine an den Sprunggelenken mit Stricken zusammengebunden, damit sie sich nicht verspreizen sollten. Die schwer beladenen Tiere mit den kurzen unbeweglichen Füßen nahmen sich wie große Kommoden aus, die einzeln von hinten über das glatte Eis geschoben wurden. Auch auf den folgenden Märschen waren die Verluste an Ochsen recht bedeutend, obwohl die Tibeter allerhöchstens 20 km an einem Tage zurücklegten. Wir hatten aber vielfach über gefrorene Naka-Felder und Hochmoore zu klettern, die die Tiere auspumpten. Man brach immer ungemein früh auf, so früh, wie ich meine Chinesen nie auf die Beine gebracht hatte. Der Tag dämmerte erst unmerklich, als schon die letzten Yaktrupps das alte Lager verließen. Der Be hu und seine Reiter blieben in den ersten Tagen so lange zurück, bis meine Chinesen ihren Tee gekocht und die Lasten aufgebunden hatten. Dann machte er mir mit grinsendem Prahlen vor, wie rasch sie ihr Zelt abschlagen und verpacken, wie gewandt ein Fan tse seine Montur sattelt und mit ein paar Knoten die unbeholfensten Bündel an den primitiven Packsattel festknüpft.

Südlich des Hoang ho traf ich gegenüber dem nördlichen Teil meiner Route auffallend viel Schnee. Er lag zwar nirgends tief ; eine Decke von 10 cm ist hier schon sehr reichlich. Nur in den freilich zahlreichen Löchern, in den ausgetrockneten Tümpeln und Wannen der Naka-Moore, die hier eine größere Rolle in der Vegetationsbedeckung der Erdoberfläche spielen als im Norden, lag Schnee von über Fußtiefe. Es war auch in jenen Tagen immer sehr dunstig. Die Fernsicht war so beschränkt daß man häufig wenig über 1 km weit sehen konnte. Der Westwind hatte jetzt erheblich an Stärke verloren und damit

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