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0150 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 150 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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um das Tier. Selten nur stellten sich diese Nachzügler noch einmal bei der großen Herde ein. Meist wurden sie von den kleinen Spähertrupps, jungen Horkurma-Leuten, die mehrere Tage lang die Karawane umkreisten, abgefangen und langsam zu deren Lager zurückgetrieben, wenn sie nicht gar Wölfen zum Opfer fielen, die auch wie die wilden Reiter hungrig um uns herum-

schnupperten.

Südlich der Wa yung wurden die Hügel allmählich etwas höher und gingen in Berge von breiten, massigen Formen über, ohne daß aber das graugrüne, schiefrige Gestein sich veränderte. Die Täler waren alle breitsohlig, typisch U-förmig und selbst ihr Ende blieb noch breit, stumpf wie ein Trog schlossen sie ab. Viele Seitenschluchten wiesen karähnliche Form auf und häufig fehlte diesen eine tal- oder schluchtartige Verbindung mit dem Haupttal; sie hörten vielmehr hoch über den großen Abflußrinnen auf. Überall — von den erratischen Blöcken aus Granit ganz zu schweigen — waren Zeichen einer einst großzügigen Vergletscherung und Oberflächenformen zu erkennen, die nur aus alten Gletschergebieten bekannt sind. Gletscher selbst sind aber heute ganz aus jenen Gegenden verschwunden, so daß sich nirgends auch nur noch ein Firnfeld erhalten hat (Tafel XIX).

Langwierig, von der Wa yung aus erst am dritten Tage zu erreichen, war die Wasserscheide zwischen dem Hoang ho und dem ersten großen Flusse, der schließlich in den Yang tse kiang sich ergießt. Unser Paß hatte 4900 m Höhe und trägt den Namen Rara niembo la (Tafel XVIII). Eine Moränenmasse bildete ihn, Sande, gekritzte Schiefer- und Sandsteintrümmer, mit mächtigen, gerundeten, erratischen Blöcken vermischt, in einer Ausdehnung von 4 km, zwischen Gipfeln, die um wenige hundert Meter höher waren. Die Gebirgskette zeigte mir einen Granitkern, an den die Tonschiefer- Sandsteinformation Tibets mit nahezu vertikaler Schichtstellung angedrückt ist. Das Streichen ist parallel den anderen großen Ketten und um N 65 ° W.

Vom Rara niembo la ging es etwas rascher bergab, als wir von Norden her aufgestiegen waren. Die nächsten Lager (Nr. 21 und 22, von Schara khoto aus gerechnet) führten uns in Höhen von 4745 bzw. 4490 m. Dann ging es aufs neue bergan, immer zwischen einem Labyrinth von Hügeln auf und ab zur Wasserscheide gegen den Dsa tschü. Der neue Paß lag in einem Chaos von Gipfelmassen und blieb nur wenig unter 5000 m. Ein wildes, zackiges Gebirge wurde durchritten, bis wir den Dsa tschü selbst erreichten. Erst im Süden des zweiten Passes trafen wir in 4500 m auf Ansiedlungen, ja sogar auf die ersten deutlichen Spuren von Menschen. Kein halbes Dutzend kleiner Stein-Lab (r)tse, hier und da ein altes verwittertes „Tab rdo" hatten vom Hoang ho an während elf Marschtagen verraten, daß wir uns auf einer Straße befanden. Die Handelskarawane legte diese Strecke ohne einen einzigen Ruhetag zurück. Die Tibeter suchten so rasch wie möglich den Weg hinter sich zu bringen, als ob ihnen der Boden unter den Füßen brenne. Wer etwas zu verlieren hatte, sprach tagtäglich nur von der Räubergefahr und betete ohne Unterbrechung, daß die Karawane ungeschoren durchkommen möchte. Nie öffnete mehr einer eine Branntweinkruke. Nachts schlief die Mehrzahl ohne Zelt, nur mit dem Pelzmantel als Decke, um jeden Augenblick kampfbereit dastehen zu können. Die Anführer gingen hierin mit gutem Beispiel voran. Wachen wurden jedoch nie ausgestellt und man verließ sich ganz auf den Eifer der mitgeführten Hunde. Auf dem

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