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0159 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 159 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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dreckig schwarz. Das erste K`am-Dorf sah sehr wenig einladend aus. Vor dem Häuserhaufen hatte sich die Einwohnerschaft zusammengeballt. Untersetzte, breit und plump aussehende Männer mit wirren, struppigen langen Haaren in von Schmutz pechschwarz glänzenden Pelzmänteln, alle ein kurzes Römerschwert im Gürtel und Lanzen und Schleudern in der Hand, maßen mich mit den feindseligsten Blicken, vertraten mir frech den „Tscham lam", den Hauptweg, der dicht an der Ansiedlung vorbeiführte, zwangen mich, ohne Gruß im Bogen um sie und ihre ängstlich behütete Heimat herumzureiten. Es war ein Dergi-Dorf. Seine Einwohner gehörten zu den Eindringlingen, die in den vorausgehenden Jahrzehnten dem Tschendu-Stamm so sehr zugesetzt hatten. Als zu Dergi zählend, unterstand es nicht der Hsi ninger Gerichtsbarkeit und ihr Anführer glaubte zuerst gar, mich anhalten zu können und von mir einen Wegzoll in der Höhe von 20 Rupien erpressen zu dürfen. Man ließ mich aber sogleich weiterreiten, als Da Tschang ihm vorlog, unser Gepäck und die Reisekasse sei mit den Be hu zusammen schon voraus, die Lasttiere, die wir mithätten, gehörten nach Dscherku, er könne mir höchstens mein Reitpferd wegnehmen, was ich aber sicher als Raubversuch und argen Schimpf aufnehmen und durch scharfe Schüsse aus meinen Zauberwaffen erwidern würde. Ich bekam den ersten Vorgeschmack von all den Unannehmlichkeiten, die mir die Fremdenfeindlichkeit der Keamba bereiten sollte. Der Dolmetscher Tschang war vollkommen unbrauchbar. Wäre ich ihm gefolgt, so hätte ich ein Pferdchen als Zoll entrichtet, um durch diese eine Gemarkung hindurchzukommen und ich hätte sicher bald kein Geld und kein Tier mehr besessen.

Eine halbe Stunde weiter unten lag das Haus und das erste Dorf des Bon bo oder Be hu von Tschendu (oder tibetisch Tendu), der über 400 Familien herrscht. Ein schmaler Pfad zeigte zwischen steinigen Stoppelfeldern dorthin. Bis ich mit meinen Chinesen dort eintraf, hatte der Häuptling bereits seinen Einzug gehalten. Drei Männer aber warteten noch in ihrem Einzugsstaat auf mich, um mir das Quartier zu weisen, das ihr Herr mir versprochen hatte. Es war ihr eigenes Wohnhaus, in dem wir untergebracht wurden. Es lag dicht neben dem des Häuptlings. Es war zweistockig und bildete mit einem Dutzend ganz ähnlich gebauter und winklig ineinander geschachtelter Behausungen einen kaum entwirrbaren Knäuel, den das Häuptlingshaus durch ein drittes Stockwerk burgartig überragte. In einem hoch ummauerten Hofe daneben war gerade so viel Platz , daß meine 28 Einhufer eingestellt werden konnten 1). Alles war klein und eng. Die Knappheit wirkte auf mich herzbeklemmend; es drückte mich Heimweh nach den weiten und freien Ebenen des Hochlandes.

Im Erdgeschoß des Hauses hatten die Eigentümer zwischen den vertikalen Holzsäulen, die als Stützen für den Oberbau dienten, winzige, graue und unbeschreiblich struppige Eselchen und zwei Bastardkühe stehen. Von da ging es eine wacklige, steile Hühnerstiege hinauf in den ersten Stock. Man betrat einen Dielenraum, der von der Decke her durch die weite Luke erhellt wurde, durch die man mittels einer weiteren Leiter auf das flache Dach gelangen konnte.

1) Die Tiere waren von Tschabtscha an bis Tschendu nicht abgesattelt worden. Es wurden nur abends die Filzdecken unter den Sätteln breiter gelegt, so daß eine größere Fläche die Körper der Tiere bedeckte. Diese Nomadensitte, die ich anfänglich für grausam hielt, hatte sich gut bewährt. Kein Tier erkrankte und ich fand sogar nach dem Absatteln in Tschendu trotz der roh gearbeiteten Holzsättel nur ein en Druck.

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