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0161 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 161 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Zwischen den verschiedenen Hausgruppen dehnten sich die Felder der Bewohner aus, jetzt im Winter steinige, kahle Stoppelfelder, auf denen da und

dort ein paar Pferde unter der Obhut eines Bewaffneten nach etwas Eßbarem herumschnupperten (Tafel XX). Im April werden die Felder von den Frauen bebaut. Es wird bis in 3800 m Höhe Gerste,Wildhafer und eineWeizenart angesät.

Aus dem baumlosen Talgrund stiegen jäh die Berglehnen mit steilen Felsabbrüchen empor. Nirgend war ein Stückchen Wald zu finden, kaum dann und wann ein kümmerlicher Busch, vergeblich suchte das Auge die Viehweiden, die erst hoch über der Talklamm an den sanfteren Gipfelhalden sich befinden.

Díe Männer und Frauen, die hier in den niederen schmutzigen Hütten wie in Löchern hausen, sind von auffallend kleiner und untersetzter Gestalt und haben ein Aussehen , daß man unwillkürlich Inzucht vermutet. Klein sind auch die wenigen Kühe, die sie in ihren Wohnungen halten, winzig klein die Esel, das hauptsächlichste Lasttier der Bauern (75 cm Widerristhöhe) , klein (1,20-1,25 m) die eingeborenen Pferde und die einheimischen Maultiere. Alles ist hier kümmerlich und ein tiefer Ernst scheint mir auch diese Menschen niederzudrücken. Die Natur hat sich gegen sie verschworen.

Betrachtet man die karge Humusdecke im Verein mit den schlechten klimatischen Bedingungen in 3800 m Meereshöhe, so zählt man staunend die Menge der Siedlungen. Für die unökonomische, rohe Feldbestellung, die auch hier wieder nur kümmerliche Aschendüngung aus verbranntem und verkohltem Wurzelwerk kennt, weil aller Viehdung als Heizmaterial dienen muß, sind es bereits allzu viele hungrige Mäuler geworden. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Bewohner macht einen unterernährten Eindruck. Die Felder sind selten einmal für Wasserberieselung eingerichtet, meist wie die Weiden auf Regenwirtschaft begründet. Selten bleibt einmal ein Feld für ein Jahr brach liegen. Meist wird jahraus jahrein Gerste angesät. Teuerungen wegen ungenügender oder zu spät einsetzender Sommerregen, sowie wegen zu kurzer und kalter Sommermonate sind nur allzu häufig. Die Nahrungsmittel sind Tsamba (geröstetes Gerstenmehl), Yakmilch, Käsequark, wilde Dschumaknöllchen, Man tsin (eine Rübenart), Hammel- oder Yakfleisch, das in der Regel, zumal im Winter, in ungekochtem Zustand gegessen wird ; an Festtagen und bei den Reichen kommen außerdem noch Nudeln aus einheimischem Weizenmehl, Reis und Goa mien aus Kan su in Betracht. Die Genußmittel sind Tee, (Abfall aus Se tschuan), Gerstenschnaps, den jede Familie selbst herstellt, Tabak, gleichfalls aus China, der meist geschnupft, selten — von den Mönchen nie — geraucht wird. Salz holen die Bewohner aus nicht allzu großer Ferne im Norden; aller Zucker aber kommt von der chinesischen Grenze und wird entsprechend hochgeschätzt. Brot wird nie gebacken, und Fleisch wird, wie bemerkt, meist roh gegessen, höchstens gesotten, nie gebraten. Fische, Hühner, Eier werden nie berührt, sondern für gleich unrein und schädlich gehalten wie Pferde-, Esel-oder Hundefleisch. Diese Tiere zu töten gilt für frevelhafte Sünde, die die Götter und Geister ahnden.

Jeder Streifen Land, auf dem Getreide reifen kann, ist in festen Händen und durch Gräben oder Ravins abgeteilt, gehört dem oder jenem Kloster, dem Adel und den alteingesessenen Familien. Auch die Viehweiden auf den Berghöhen oben sind alle genau verteilt. Auf diesen nomadisieren die Knechte und Mägde mit den Herden der Herren im Tal, doch finden sich hierunter auch

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