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0171 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 171 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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(Engländer) ! Den Peling habt ihr im Dorf aufgenommen !" Dieser Ruf alarmierte rasch den ganzen Ort. Eine Schar Männer rannte die Treppe zu mir herauf, füllte geräuschvoll den Vorraum und dann das Zimmer, in dem ich ganz hinten an der Wand am Boden saß und eben meinen Tee trank. Mit Verwünschungen und drohenden Mienen und Gebärden wollten sie mich aus dem Hause hinausjagen. Selbst das Stroh für die Tiere, das sie mittlerweile verkauft hatten, wollten sie wieder haben. Der Be hu von Dscherkundo — erfuhr ich — hatte bereits durch Eilboten von meinem Kommen Kenntnis erhalten und hatte, da Lamda zu seinem Gebiet gehörte , umgehend den Befehl zurückgeschickt, mich unter gar keinen Umständen in den Ort hineinzulassen. Wenn einer der Fährleute mich über den Yang tse kiang brächte, so würde er an Leib und Gut bestraft. Kein Wunder, fuchtelten darum die Einwohner wutschnaubend mit den Schwertern in der Luft herum und suchten mich auf jede Weise einzuschüchtern. Anzutasten wagte mich aber keiner von der ganzen Bande; vor mir auf meinem nur fußhohen Teetischchen lag mein blankes Schwert und meine Mauserpistole. Bis die beiden Tschang und „Sechsunddreißig" durch die Menge hindurchkamen, war eine gute Weile vergangen, dann erst gelang es, ein „Schang leang" zuwege zu bringen. Der Mönch, zwei Ortsälteste und wir zu vieren hockten uns in der Zimmerecke auf den Boden, tranken Tee zusammen, und so lange brachten wir es fertig, immer neue Einwürfe zu erfinden und Geschichten zu erzählen, wie es dem und jenem Reisenden in Tibet ergangen sei, bis es ganz dunkel war, so daß die Butterdochtlampen angezündet werden mußten. Dann hatten die Tibeter aber auch durch uns die Überzeugung bekommen, daß ihr Land schon von Tausenden von verhaßten Peling durchreist worden sei und daß es ganz sinnlos wäre, mich noch in der Nacht hinauszuwerfen. Zum Schlusse versprach ich gerne, wenn ich nach Dscherkundo käme, ihrem Be hu zu melden, daß seine braven Lamda-Leute mich nicht über ihren Fluß gelassen hätten, und wir trennten uns, nachdem die tibetischen Herren noch einen letzten tiefen Zug aus meiner Schnapsflasche getan hatten.

Zuletzt waren wir noch recht freundschaftlich geworden und eifrig diskutierte man die Frage, ob blonde Haare und blaue Augen schön sein könnten. Selbst hatte ich ja in diesem Augenblick dicke schwarze Chinesenhaare auf dem Kopf, darum war beileibe nicht von meinem Schopf die Rede. Aus Lamda aber war ein Geschwisterpaar gebürtig, Leute zwischen zwanzig und dreißig Jahren, mit blauen Augen und braunen Haaren, die im übrigen in nichts von den anderen Einwohnern abwichen. Solche Ausnahmen, solche Fälle von partiellem Albinismus sind in Tibet selten, immerhin scheinen sie weit zahlreicher zu sein als echter Albinismus, und jedesmal drängte sich mir die Frage auf, ob wir es hier nicht mit Yüe tschi-Überresten, mit indoskythischen Tocharen-Spuren zu tun hätten. Vielleicht sind j a auch die Adlernasen mancher hochgewachsener ng Golokh und der vereinzelt sehr kräftige und gerne rotbräunliche Bartwuchs mancher Osttibeter darauf zurückzuführen. Für die Leute von Lamda aber hatte unsere Unterhaltung eine viel praktischere Bedeutung. Kein Mann wollte die blonde, blauäugige Maid und kein anständiges Mädel den blauäugigen Mann heiraten, und als das Mädchen eine Pilgerreise nach dem Westen unternommen hatte, war es immer wieder angehalten und für eine Europäerin angesehen worden.

Eine kleine Stunde unterhalb von Lamda bei einem Dörfchen, das wie

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