National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.2 |
Tung sche, den ich vorausgesandt hatte, um Quartier zu machen. Obgleich wir
Schritte und Flüstern hinter dem Tor hörten, würdigte uns niemand einer
Antwort. Als nach einer langen Viertelstunde der Vermißte sich wieder zu uns
gefunden hatte, brachte er die Nachricht, der Deda Be hu habe verboten,
daß ich in Tombu mda wohne. Noch heute müsse ich bis an die Landesgrenze
weiterreisen, widrigenfalls würde ich angegriffen wie die „Peling". Bei dem
Zustand meiner Tiere war dies Verlangen schlechterdings unausführbar. Mehr
als die Hälfte der Maultiere hatte sich mittlerweile vor Müdigkeit mit den Lasten
auf dem Rücken auf die Straße vor die Hausburg gelegt; der Rest stand teil-
nahmlos mit gesenkten Köpfen und zum Umfallen ermattet daneben. Ich
mußte rasten, wollte ich nicht meine Tiere über ihre Kraft anstrengen und
die meisten für immer verderben. In den offiziellen Gasthof, den „dyatschuk
kang" hineinzukommen, den es auch in diesem Dorf gab, hatte ich von Anfang
an wenig Hoffnung. Nach den üblen Erfahrungen Dutreuils mußte ich aber
danach trachten, in den Besitz eines Viehhofs zu kommen, denn wer bürgte
dafür, daß die Einwohner nicht auch mir Pferde stehlen und mir, wie den
Franzosen, ein Vorspiel zum offenen Kampf liefern wollten? Da sah über eine
Mauer ein altes, runzliges Gesicht, das nicht alsbald wieder verschwand. Auf
ein lustiges : „Arro, Vater, eine Rupie für den Kuhdung zu einer Tasse Tee!"
schob sich der schwarze Kopf sogar noch weiter heraus und ließ sich das
Geldstück zeigen , das wir da so freigebig anboten. „Wir wollen rasch Tee
trinken, um heute noch weiterzukommen," sagte ihm der Dolmetscher Tschang
beruhigend , „lasse uns doch in deinen Hof hinein. Du sollst dafür noch
eine Rupie haben." Die Worte „dya tung" (Tee trinken) und „tsamba so"
(Tsamba essen), dazu das Gesicht und der Rock des chinesischen Lao ye hatten
wieder einmal den Bann gebrochen. Der Alte schob nach einigem Zögern den
schweren Riegelbalken seines Tores beiseite und ließ uns, dem ausgegebenen
Befehl seines Herren zum Trotz, eintreten. Es war freilich kein allzu guter
Platz, wo wir die Tiere abluden. Gegen den Bach zu befand sich nur eine wenig
über meterhohe Steinmauer und auf der einen Seite stand ein Haus, das den
Hof bis fast in seine letzte Ecke beherrschte. Aber ich war doch im Ort drinnen
und nicht in der offenen Prärie, wo bei Angriffen die Tiere kaum zu halten sind
und sich auch nur schwer feststellen läßt, mit wem man es zu tun hat. Nachdem
Tombu mda für die Ermordung eines Fremden einmal bestraft war, hielt ich
es außerdem nach dem Charakter der Tibeter für völlig ausgeschlossen, daß die
Einwohner innerhalb ihrer Mauern einen zweiten Raubanfall versuchen würden.
Nachdem abgeladen war, fehlte zunächst das Stroh für die Tiere. Ein eifer-
süchtiger Nachbar fand sich aber plötzlich, der das Fehlende verkaufte. Der
von schräg vis-a-vis erinnerte sich an eine alte Tante, die arm war; er empfahl
sie zum Feueranblasen für ein Dritteil einer Rupie, was wir mit Meißel und
Hammer aus einer ganzen herstellten. Ein vierter und fünfter hörte, daß ich
ein Maultier zu verkaufen hatte; sie mußten das Tier sehen und darum feilschen
(Tafel XXII). Es kamen aber sonst nur noch wenige Tibeter in unseren Hof,
und der Handel wurde von mir kunstvoll so lange hingezogen, bis kurz vor fünf
Uhr die Herden der Dorfbewohner von den Bergen tierabgetrieben wurden.
Dann erst ließ ich die letzte Rupie im Preis nach. Wir sahen uns hierauf
umständlich die angebotenen Rupien auf ihre Güte und Prägung an. Als auch
dies erledigt war, fing ich zu lamentieren an, daß es nun schon so spät geworden
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