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0180 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 180 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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spielt sich hier aber nicht wie in China in Läden ab, sondern die Kaufleute haben ihre Warenstapel in ihren Wohnräumen liegen, in denen die Kauflustigen sie aufsuchen. Der Ort zählt höchstens 330 Familien Bauern, Händler und Handwerker und liegt an einem kahlen, warmen, nach Süden gerichteten Berghang, an dessen Fuß einzelne schottervermischte Lößansammlungen sich angehäuft und erhalten haben. Die Häuser stehen unregelmäßig zusammengedrängt zwischen engen, krummen, an Steinen und Schmutz reichen Gassen. Meist sind es mehrstockige Gebäude aus rohen Steinplatten und Lehm, braungelb wie die winterliche Umgebung, in der ich sie antraf (Tafel XXIII). Mit lustiger, blauer, roter und weißer Bemalung leuchtet dagegen einige hundert Meter ostwärts vom Marktort, über kühne Felsen herab, das Kloster Dscherku, das 400 bis 500 Mönche 1) fassen soll. Wie eine deutsche mittelalterliche Burg schauen vom äußersten Felsvorsprung das Abtsgebäude und die Tempel und Heiligtümer ins Land hinein, während die gewöhnlichen Priesterwohnungen an dem Hauptberg dahinter als ein kleines sauberes Städtchen sich ausbreiten. (Tafel XXVI). In dem „Dschong" auf der Felsklippe hat der Beherrscher des Dscherku-Stammes (tibet. : sde schok), der Tsawu Be hu, seinen Sitz. Zurzeit ist dies ein ii*arnierter Lama der Saskya-Sekte, der aber erst während der Mandschuzeit an die Stelle des einstigen weltlichen und erblichen Fürstenhauses getreten ist. Statt der Erbfolge in der alten Adelsfamilie ist jetzt ein fester Seelenbesitzstand vorhanden. Dieselbe Seele, die von Zeit zu Zeit nur sozusagen aus der alten in eine neue Haut fährt, ist andauernder Herr. Aber sonderbarerweise sucht sich diese Seele immer wieder adlige Familien aus. Den Chinesen lieferte er noch alle drei Jahre seine Abgaben ab. Im übrigen untersteht er wie seine Nachbarn dem Nan tsien-König als Oberherrn. Außer ihm hat noch ein zweiter lebender Buddha sein Labrang auf dem Berg oben aufgeschlagen.

Als bedeutendster und wichtigster Platz für eine weite Umgebung ist Dscherku ndo zugleich Verwaltungszentrale der chinesischen, d. h. Hsi Hinger Regierung im ganzen „Hung mao ör de ti fang" oder „Yü fu" (Peking-Dialekt: Yü schu). Zur Zeit meines Besuchs befand sich freilich nur ein einzelner Mann, obendrein ein Fan tse, aus Dunkur als Vertreter und politischer Agent der Chinesen in diesem Lande. Dieser „Lo tse a" wurde auf Kosten der Tibeter ernährt, hatte aber sonst nichts zu beanspruchen und nur die Aufgabe, nötigenfalls über wichtige Vorgänge im Lande Auskunft geben zu können. Nur jedes dritte Jahr traf man hier wirkliche chinesische Beamte und zwar eine Kommission zur Eintreibung von Steuern, die aus der Mongolenzeit übernommen worden waren und deren Höhe seit 1732 festgesetzt war. Die Kommission bestand aus einem Zivil- und einem Militärmandarin [Bi tieh sche 2) und Schu be, die in Tibet rote Knöpfe trugen] mit drei Dolmetschern und drei Schreibern, zu deren Schutz an die zwanzig chinesische Soldaten mit vier Flaggen und einige Mongolen aus Ts`aidam mitgenommen wurden. Die Leute gingen auf der Hinreise jedesmal von Dankar aus nördlich des Kuku nor über Ts`aidam und die Odontala (Sing

  1. Kozlow, „Mongolia i Kam", gibt 50 Mönche an. Ich habe als niederste Zahl 400 Mönche gehört. Darunter sind etwa 50 vollordinierte Gelong.

  2. Bi tieh sehe, in Mayers, The chin. governement, pi t`ieh shih geschrieben. Der Name stammt von dem mandschurischen Wort bitheschi = Schreiber und Schriftkundiger. Diese Beamten hatten zuletzt immer chinesische Schreiber unter sich.

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