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0183 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 183 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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A

zu beherrschen vermag der Nan tsien-König nur seinen eigenen Stamm, der freilich mit 9000 Familien der weitaus kopfreichste von allen ist und in den tief eingeschnittenen Tälern des obersten Mekong (Tsa tschü) und seiner südlichen Tributäre, des Ba tschü und Tsche tschü, zwischen herrlichen Wäldern und Alpenweiden auch fruchtbare Äcker inne hat. Der Stamm des Königs ist selbst wieder in fünfunddreißig sDe schok (= Unterstämme) eingeteilt. Die königliche Residenz liegt am Ufer des Ba tschii, eines rechten Nebenflusses des Mekong. Das Königtum ist erblich und unterstand nur nominell der Bestätigung in Peking. Die Inhaber der Königswürde hatten sich nie zum Ko tou vor dem Kaiser nach der Reichshauptstadt begeben. Sie leiten sich, wie die meisten Könige der Nachbarschaft und auch einzelne der Be hu, von den Mongolenherrschern der Hor (Schara uigur oder Tu ku hun 1) her. Von den Chinesen wird der dyalbo (geschr. rgyalbo) oder König bald nur „ts`ien hu" (= Herr über Tausend), bald „tu se" (= eingeborener Beamter) tituliert, doch sprachen die Schen si-Händler von Nan tsien dyalbo auch kurzweg als von dem „wan" oder „wang" (= König). Als Zeichen seiner Würde trägt er einen Korallenknopf und besitzt ein altes chinesisches Patent und Siegel, nach dem seine Herrschaft bis an die Grenze von Ts`aidam und bis an den Kuku nor reicht.

Die vom König abhängigen, wie die beinahe oder ganz unabhängigen Stämme (sde und sde schok) unterstehen entweder einem „Be hu" (= Herrn über Hundert), der vielfach einen blauen Knopf auf dem Hute trägt, oder wenigstens einem „Be tschen", der einen weißen Knopf hat. Ihr Amt, soweit sie nicht Lama sind, ist gleichfalls erblich und geht an den ältesten Sohn, oder, falls dieser als Inkarnation erkannt ist und als Heiliger in einem Kloster Verwendung findet, an den zweitältesten über.

Daß dieses große Land gerade Hsi ning unterstellt ist und nicht etwa wie die Nachbargebiete an die Verwaltung der Provinz Se tschuan angegliedert wurde, kann uns nur so lange wundernehmen, als wir bloß die geographischen Verhältnisse und die weite räumliche Trennung zwischen der eigentlichen Provinz Kuku nor und Dya sde (die Kuriere sogar rechnen von Tschendu nach Dankar 17 Reittage ohne Pferdewechsel, 800 km) in Betracht ziehen, dagegen nicht an die geschichtliche Entwicklung und die Eroberung Tibets durch die Mandschuren denken. Ganz anders als die Ming-Kaiser, die sich auf die Herrschaft im eigentlichen China beschränkten und meist froh waren, wenn sie durch Modernisierung der „Großen Mauer" und überhaupt durch möglichst viele ausgedehnte Ziegelmauerwerke die reichen Plätze innerhalb der heutigen 18 Provinzen in der Hand behielten, traten ja bekanntlich die ersten Mandschukaiser als Mehrer der Grenzen des Landes der Mitte auf. Kaum daß sie das alte Reich pazifiziert hatten, so waren sie schon darauf bedacht, ihre Suprematie auch auf die übrigen ost- und zentralasiatischen Völker wenigstens des Festlandes auszudehnen. Kaiser Kang hi (1662-1723) hatte sich — wie ich u. a. schon Bd. I, S. 108, beiläufig anführte — bereits in die Streitigkeiten zwischen West- (Olöt-) und Ostmongolen (Khalkha) eingemischt. Nach der Niederwerfung und nach dem Tode des Westmongolen- (Olöt- bzw. Dsungaren-Fürsten) Galdan (1697) — mit dem weltlichen Namen Buschuktu Khan — war dessen Neffe Tsewang Rabdan der Beherrscher aller kalmükischen Stämme und Länder zwischen Hami im Osten und Kokand im Westen geworden. Dieser Tsewang Rabdan griff, angespornt durch die Unzufriedenheit in Lhasa , den Gedanken auf , Tibet zu erobern und Einfluß auf die ganze lamaistische Kirche und so auf alle Mongolen zu gewinnen; er sandte Tserengdondob mit 6000 Mann im Winter 1716/17 in aller Stille und Heimlichkeit durch die Lob-Wüste und über die Tschang tang nach Lhasa und eine andere Abteilung nach dem Kuku nor ab. Kang hi beschloß zunächst, Hsi ning und den Kuku nor gegen einen

       
 

1) Siehe Anm. S. 249 Bd. I.

 
 

10 II.

 

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