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0193 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 193 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Amban aufsuchte, und baten unter Tränen, er möchte sie wieder nach Hause

mitnehmen. Auch wenn sie den Chinesen einen Sohn gebären, werden sie doch

nur ausnahmsweise für voll genommen. Kommt einer ihrer Männer in bessere

Verhältnisse, so heiratet er sicherlich sofort eine Chinesin, die dann immer als

Hauptfrau angesehen wird und die Fan tse-Frau wie das Aschenbrödel be-

handelt.

Einer der Honoratioren von Dscherku wußte mir zu erzählen, daß durch die

vielen Mädels und die Chinesen heute nur noch acht Familien in Dscherku

säßen, in denen nicht nachweislich Chinesenblut fließe. Die Verbindung mit

Chinesen scheint nicht weiter übel aufgefaßt zu werden. Die Abkömmlinge

solcher Mischehen nennt man „ramaluk" (Ziegenschafe).

In Dscherku sieht man die Frauen und Mädchen immer tätig. Wenn sie

nicht im Felde, im Haushalt, bei ihren Kindern und mit Kochen und Wasser-

tragen beschäftigt sind, trifft man sie in der Sonne sitzend und auf ihren

kleinen Spindeln Schafwolle spinnend. Das gewonnene Garn wird von ihnen

in den offenen Höfen auf riesigen Webstühlen (Tafel XXIV) und mit einem

Schiffchen von 35 cm Länge in nicht ganz einen Fuß breite Wollstoffe ver-

woben, die sie später verkaufen und aus denen die Sommerkleider und Decken

genäht werden. Die Frauen rösten auch die Gerste und mahlen die gerösteten

Körner auf Handmühlen zu Tsamba. Sie säen und ernten und höchstens die

Führung des schweren klotzigen Pflugs nimmt ihnen der Mann ab. Sie selbst

aber müssen dabei die vorgespannten Yak antreiben, wenn es ihnen nicht gar

obliegt, den Pflug selber zu ziehen. Auch bei den Ansässigen Dscherku's ist es

Sache der Frau, das Brennmaterial zu sammeln und den gesammelten Dung

in Kuchen zu backen und in der Sonne zu dörren. Und vom Herbst an bis

ins Frühjahr hinein steigen sie überdies in Scharen auf die Berge und graben

nach den erbsengroßen Knöllchen der Potentilla, die, wie überall in Tibet, so

auch in K`am in geröstetem Zustand eine sehr beliebte Zukost bilden.

Auffallenderweise aber können hier die wenigsten Frauen nähen. Alle

besseren Kleider, die Stickereien an den Schuhstrümpfen, an den Ärmelauf-

schlägen und am Kragen stellt immer ein Schneider her. Auch alle Leder-

arbeiten und die Verzierungen auf Ledergürteln und Ledertaschen macht nicht

die Frau, sondern ein Mann. Zu den übrigen Handwerken, die gleichfalls nur

von Männern betrieben werden, gehört das Anfertigen von Schuhen, mit der

Einschränkung, daß seine Alltagsstiefel jeder selbst macht. Auch Sattler, Schrei-

ner und Zimmerleute konnte ich in Dscherku beobachten. Die letzteren wie

die Schmiede waren aber nicht Tibeter, sondern Setschuanesen, die sich nur

vorübergehend im Ort aufhielten. Schmiedekunst 1) und alle Lederarbeit gilt als

schlechtes Gewerbe, als ob — wie beim Barbier in China — ein Fluch darauf läge.

Ein Tagesausflug, von Dscherku das Tal zum Yang tse kiang hinab und

einige Stunden in einer linken Seitenschlucht aufwärts, brachte mich zu einem

1) E i n Schmied in Dscherku konnte Gewehrläufe herstellen. Dieser verstand sich auch auf die Damaszierung von Messer- und Schwertklingen. Er verwendete dazu ein Stück Cantonstahl und Schan si-Eisen, die er tagelang wieder und wieder zusammen-hämmerte, und erzielte so eine schöne — freilich echten Damaszenerklingen gegenüber immer noch grobe Damastzeichnung, ehe er an die Herstellung der Klinge ging. In Dankar hatte ich zuvor zwei solcher Schmiedekünstler angetroffen ; alle waren sie Dunganen.

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