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Meine Tibetreise : vol.2 |
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Amban aufsuchte, und baten unter Tränen, er möchte sie wieder nach Hause
mitnehmen. Auch wenn sie den Chinesen einen Sohn gebären, werden sie doch
nur ausnahmsweise für voll genommen. Kommt einer ihrer Männer in bessere
Verhältnisse, so heiratet er sicherlich sofort eine Chinesin, die dann immer als
Hauptfrau angesehen wird und die Fan tse-Frau wie das Aschenbrödel be-
handelt.
Einer der Honoratioren von Dscherku wußte mir zu erzählen, daß durch die
vielen Mädels und die Chinesen heute nur noch acht Familien in Dscherku
säßen, in denen nicht nachweislich Chinesenblut fließe. Die Verbindung mit
Chinesen scheint nicht weiter übel aufgefaßt zu werden. Die Abkömmlinge
solcher Mischehen nennt man „ramaluk" (Ziegenschafe).
In Dscherku sieht man die Frauen und Mädchen immer tätig. Wenn sie
nicht im Felde, im Haushalt, bei ihren Kindern und mit Kochen und Wasser-
tragen beschäftigt sind, trifft man sie in der Sonne sitzend und auf ihren
kleinen Spindeln Schafwolle spinnend. Das gewonnene Garn wird von ihnen
in den offenen Höfen auf riesigen Webstühlen (Tafel XXIV) und mit einem
Schiffchen von 35 cm Länge in nicht ganz einen Fuß breite Wollstoffe ver-
woben, die sie später verkaufen und aus denen die Sommerkleider und Decken
genäht werden. Die Frauen rösten auch die Gerste und mahlen die gerösteten
Körner auf Handmühlen zu Tsamba. Sie säen und ernten und höchstens die
Führung des schweren klotzigen Pflugs nimmt ihnen der Mann ab. Sie selbst
aber müssen dabei die vorgespannten Yak antreiben, wenn es ihnen nicht gar
obliegt, den Pflug selber zu ziehen. Auch bei den Ansässigen Dscherku's ist es
Sache der Frau, das Brennmaterial zu sammeln und den gesammelten Dung
in Kuchen zu backen und in der Sonne zu dörren. Und vom Herbst an bis
ins Frühjahr hinein steigen sie überdies in Scharen auf die Berge und graben
nach den erbsengroßen Knöllchen der Potentilla, die, wie überall in Tibet, so
auch in K`am in geröstetem Zustand eine sehr beliebte Zukost bilden.
Auffallenderweise aber können hier die wenigsten Frauen nähen. Alle
besseren Kleider, die Stickereien an den Schuhstrümpfen, an den Ärmelauf-
schlägen und am Kragen stellt immer ein Schneider her. Auch alle Leder-
arbeiten und die Verzierungen auf Ledergürteln und Ledertaschen macht nicht
die Frau, sondern ein Mann. Zu den übrigen Handwerken, die gleichfalls nur
von Männern betrieben werden, gehört das Anfertigen von Schuhen, mit der
Einschränkung, daß seine Alltagsstiefel jeder selbst macht. Auch Sattler, Schrei-
ner und Zimmerleute konnte ich in Dscherku beobachten. Die letzteren wie
die Schmiede waren aber nicht Tibeter, sondern Setschuanesen, die sich nur
vorübergehend im Ort aufhielten. Schmiedekunst 1) und alle Lederarbeit gilt als
schlechtes Gewerbe, als ob — wie beim Barbier in China — ein Fluch darauf läge.
Ein Tagesausflug, von Dscherku das Tal zum Yang tse kiang hinab und
einige Stunden in einer linken Seitenschlucht aufwärts, brachte mich zu einem
1) E i n Schmied in Dscherku konnte Gewehrläufe herstellen. Dieser verstand sich auch auf die Damaszierung von Messer- und Schwertklingen. Er verwendete dazu ein Stück Cantonstahl und Schan si-Eisen, die er tagelang wieder und wieder zusammen-hämmerte, und erzielte so eine schöne — freilich echten Damaszenerklingen gegenüber immer noch grobe Damastzeichnung, ehe er an die Herstellung der Klinge ging. In Dankar hatte ich zuvor zwei solcher Schmiedekünstler angetroffen ; alle waren sie Dunganen.
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