National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0196 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 196 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

40.

44r

lahm, mit abgeschnittenen Ohren oder durchtrennter Achillessehne bis in

mein Wohnloch heraufgekrochen kam , sang mir seine schönsten tibetischen

Traumbilder vor. Meist wußten sie mir kürzer oder länger, bald in Reimen,

bald nur in Prosa, vom Helden Gesar, ihrem Safrankönig, und vom Lande

gLing zu berichten.

Stark gekürzt und vom verwirrendsten Beiwerk entblättert hörte ich hier

das Gesarmärchen auf folgende Weise:

Die Gesarsage (Aufzeichnung von Dscherku ndo).

Auf der Erde, im Lande gLing, war man nach vielen glücklichen Jahren, in denen man die Ameisen, die Mäuse, die Lerchen, die Bären und die Mücken zu Steuern herangezogen hatte, sehr unglücklich geworden. Man hatte seinen alten König verloren und mußte selbst Tribut entrichten. Endlich erbarmten sich aber die Himmlischen wieder der Leute von gLing und sandten ihnen „Gesar" dyalbo als König und Erlöser. Gesar lebte zuvor als Göttersohn im Himmel und war der Jüngste von drei Brüdern und noch ein Säugling. Die Knöchelwürfel hatten entschieden, wer von den dreien der Gesar werden müsse.

In Gestalt eines schneeweißen Vogels flog der Göttersohn auf die Erde hinab und setzte sich auf das Zelt seiner irdischen Mutter, verwandelte sich dort in eine Mücke, flog ihr in den Mund und kroch ihr in dieser Gestalt bis in den Magen und in die Leber. Als der junge Gesar dann von seiner irdischen Mutter geboren war, konnte er sogleich sprechen und, noch nicht ein Jahr alt, hatte er die wildesten Wundertiere und Riesen, die ihm und seinen Untertanen nach dem Leben trachteten, unschädlich gemacht. Seine himmlische Mutter hatte ihm ein schwarzbraunes Wunderpferd zur Hilfe gesandt und Wunderpfeile, einen Bogen und ein Schwert von dreißig Klaftern übergeben, die sich alle beim Nichtgebrauch als kleine Strohhälmchen hinters Ohr stecken ließen.

Bald darauf ging er zum ersten Male auf die Brautschau. Er kam zu einem König, dessen Tochter er zum Weibe begehrte. Der König verlangte aber, daß der Freier zuvor mit einem feindlichen Riesen kämpfe. Gesar warf diesen Gegner nach dem ersten Anprall in den Himmel hinauf, und da er dorthin nicht gehörte, so schleuderten ihn die Himmlischen alsbald wieder auf die Erde zurück. Die Erdgeister aber, nicht mehr willens, ihn bei sich zu dulden, warfen ihn, kaum daß er die Erde berührte, wieder in den Himmel, und so lange wurde er wie ein Ball hin und her geworfen, bis das Fleisch ihm von den Knochen fiel. Darauf führte Gesar die Königstochter heim ins Land gLing.

In gLing aber war seines Bleibens nicht lange; Gesar zog aus, um den schwarzen Dud zu bekämpfen. Der Dud war ein Ungeheuer mit neun Hörnern, neun Augen und neun langen Armen und fraß Menschen. Gesar, der selbst ja ein Mensch war, sollte das Scheusal aus der Welt schaffen. Der Weg zum Dud war jedoch keineswegs einfach zu finden und Gesar brauchte lange, um zu seinem Ziele zu gelangen. (Der Bericht über diese Irrfahrten wird darum oft tagelang von den Erzählern ausgesponnen).

Einmal gelangte er auf einen hohen Berg, von dem aus er den Dud zum ersten Male erblickte. Er legte einen Pfeil an die Sehne seines Bogens, aber erst als die Himmlischen das Himmelsgewölbe etwas in die Höhe gezogen und die Erdgötter den Berg etwas hinabgezogen hatten, hatte er genügend Platz zum Abschießen, und dann schoß er dem Dud alle seine neun Hörner ab.

alleiniger Schutz gegen Kälte und Schnee über dem dünnen Mönchsgewand, Stahl, Feuerstein , ein irdener Kochtopf und eine hölzerne Eßschale , ein Säckchen für Tsamba sind ihre Begleiter und so geht es, von Zelt zu Zelt bettelnd, über Ardschün, Hantsien Doba und Serscht`a nach Hor Gan tse hinab, dann langsam wieder aufwärts nach Dscherku ndo, nach Nag tschü ka und zu den Klöstern von Lhasa, wo sie etwa nach einem halben Jahr nach Verlassen der Grenze von Kan su eintreffen; so lange währt der Kampf mit dem Hunger und dem Frieren, und so ist man schon in den Tagen von Tsongkaba zu seinen heiligen Schulen nach Centraltibet gezogen. Wer es wagt, mehr mitzunehmen, erweckt bei den Nomaden am Wege nicht Mitleid, reizt im Gegenteil die Habsucht der Begegnenden und wird ausgeplündert. Nicht bloß einer dieser lernbegierigen Bettelmönche erzählte , daß Räuber seine Kleiderstücke nach eingenähten Rupien durchsucht hätten.

158

~