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0204 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 204 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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die Wohnung mit der Behauptung, er habe sie anderweitig vermietet; er babe nicht gewußt, daß ich so lange bliebe. Zum mindesten war System in der Art,

wie der Be hu vorging.

Am Nachmittage wurde angefragt, wann ich abzureisen gedenke. Als ich antworten ließ, meine Pferde seien zu matt, ich könne erst reisen, wenn das Gras gewachsen sei, kamen am Abend Lamas vom Kloster und boten mir schöne Pferde zu mäßigen Preisen an. „Ich habe kein Geld, sie zu kaufen," sagte ich, „es ist alles so sehr teuer bei euch." Darauf wurde mir noch in der Nacht vom bTschang dsod des Klosters Ula angeboten, so weit ich sie nur

wünsche.

Als ich am folgenden Morgen noch immer keine Anstalten traf, meine Sachen zur Abreise zu richten, versuchte der Tung sche mich einzuschüchtern, indem

er behauptete, die Tibeter würden Gewalt anwenden, um mich hinauszuschaffen. Als Antwort gab ich ihm Geld und wies ihn an, sich selbst zu verköstigen. Ich fürchtete selbst, man werde mir wieder den Markt verbieten. Für die Pferde und für mich hoffte ich für einige Wochen noch auszureichen. Ich ließ jetzt den Be hu wissen, ich sei krank und könne augenblicklich nicht abreisen; denn noch immer lebte ich in der Hoffnung, der Be hu würde heimreiten und ich könne nach Westen ausbrechen. Da trat der Be hu ein zweites Mal bei mir ein und erklärte ärgerlich, nicht länger warten zu wollen. „Wie kannst du als einzelner Peling versuchen, etwas durchzusetzen," meinte er grob. „Vor einigen Jahren sind zehntausend Peling nach Lhasa gekommen und mußten schließlich auf dem Wege, den sie gekommen waren, auch wieder unverrichteter Dinge zurückkehren. Unsere Götter haben nicht einmal geduldet, daß sie in den Tempeln und Klöstern das Kleinste wegnahmen."

Als er gegangen war, wurden meine Diener aufs neue rebellisch. Sie verlangten gebieterisch, daß ich abreise, und drohten wieder, mich allein zu lassen, obwohl oder vielleicht gerade weil sie noch mehr als zwei Monate Vorschuß von mir hatten. Es blieb schließlich kein anderer Ausweg für mich, als klein beizugeben. Von dem Augenblicke an, wo ich bestimmt versichert hatte, auf der Straße nach Ka ts`a, wie die Tibeter wollten, weiterzureisen, war wieder alles in Ordnung. Die Hui hui sangen und tanzten. Die chinesischen Kaufleute kamen glückwünschend zu mir, der Tsawu Be hu sandte einen neuen Khádar und alle Einwohner zeigten freundliche Gesichter und machten allerlei kleine Geschenke. Mein Aufbruch wurde ein kleines Volksfest. Der Hauswirt führte eigenhändig mein Reitpferd am Zügel, und wie am ersten Tage rief es aus hundert Kehlen: „Odyi !" — „madyi!" — „odyi!" — „madyi!" Manchem Mädchen rollte eine Träne über die Wange, ein Beweis, wie festen Fuß meine Begleiter hier gefaßt hatten. Diese hatten kurz vor dem Aufbruch ein großes Wacholderfeuer entzündet und Körper und Gliedmaßen, wie auch die Kleider in den Rauch gesteckt. Sie räucherten sich, weil sie mit tibetischen Frauen in Berührung gekommen waren; jetzt deuchten sie sich wieder fleckenlos und rein.

Mit meinem Da Tschang und mit Ma „Sechsunddreißig" hatte ich bei der Abreise ein ernstes Wort zu reden. Obwohl Da Tschang sich erst kurz vor unserem Aufbruch in Hsi hing mit einer Chinesin verheiratet hatte, wollte er jetzt ein Dscherku ndo-er Mädchen mitnehmen und auch „Sechsunddreißig", der schon mehrfacher Familienvater war und außer seiner ersten Frau nach dem Tode eines älteren Bruders seine Schwägerin als Frau übernommen hatte,

   
 
     

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