National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.2 |
• | fühlte sich so sehr zu einer Tibeterin hingezogen, daß er glaubte, sie nicht mehr lassen zu können. Dadurch, daß ich beiden rundweg abschlug, ihre Geliebten mitreiten zu lassen, hatte ich leider von nun an in meiner Gesellschaft die zwei aufsässigsten Diener, die es geben kann. Beide waren voll des Lobes der tibeti- schen Frauen, der Nomaden wie der Bäuerinnen. Sie seien so sehr freundlich und anstellig und hilfsbereit. Um der liebevollen Pflege tibetischer Frauen willen geben nicht wenige Chinesen ihre alte Heimat auf und ziehen in die kalten Steppen und zu den wildesten Stämmen. Bei den Tibetern beobachtete ich oft ein wunderschönes Familienleben, während in China das Zusammen- leben häufig zur kalten Konvention herabgesunken ist, in der nur Egoismus großgezogen werden kann. Am ersten Reisetage gingen meine eigenen Tiere vollkommen leer. Ula- Ochsen und Ula-Maultiere schleppten meine Habseligkeiten und meine Begleiter waren auf Ula-Pferden beritten, die der Nan tsien Be hu beschafft hatte. Wir zogen zunächst nach Süden das Tal hinauf, kamen nach zwei Stunden an dem malerischen Tschanggu gomba vorüber und betraten eine breite Kalkstein- zone 1), die wilde Gipfelformen und zahlreiche ausgewaschene Felsgrotten zeigt und die der nach Dscherku ndo fließende Bach durchbrochen hat. Die Phantasie der Bewohner hat die absonderlichen Gestaltungen des Kalkes seit Urzeiten mit Göttern und Geistern belebt und darin „Tugendhöhlen" und andere Spiele- reien guter Geister und Titanen entdeckt. Südlich der Kalke zieht ein mehrere Kilometer breites Hochtal, die Ba tang, mit reichen Viehweiden sacht an- steigend nach Südosten. Dahinter im Süden und als südliche Umrahmung der Ba tang türmt sich aus Schiefer und Granit eine neue und sehr hohe Gipfel- kette. Einige Zacken erreichen 6000 m absoluter Höbe. In das breite Längstal schieben sich von diesen Bergen alte dicke Schotter- und Moränenwälle hinein, deren Zungen noch heute von Gletschern reden, während zurzeit aus dieser ganzen Gegend längst die letzten Reste der Eiszeit verschwunden sind. Noch war kein grünes Gräschen zu entdecken, doch auf den zahlreichen Tümpeln glucksten schon die gelben Gänseehepaare. Die Ba tang ist das Land der zwei Stämme Lada und Puchün. Das Gros der Bewohner ist hier in 4000 m Höhe wieder Zeltnomade. Nur ein paar Klöster und die Fürstensitze haben feste Gebäude. Wenige Kilometer südlich Dscherku ndo hatten die Felder aufgehört. Ich kam am ersten Tage bis zum Kloster Betschin gomba , 25 km von Dscherku ndo. Ein kleines Haus war mir für die Nacht bereitgestellt worden, doch zog ich vor, in meinem Zelt zu schlafen. Ein Reisender, der nicht durch seine Führer auf das Kloster aufmerksam gemacht wird, kann ahnungslos dicht an Betschin gomba vorüberreiten , so versteckt sitzt es zwischen den weißen Kalkfelsen. Es soll dreihundert Mönche und zwei Inkarnationen haben und gehört der Nima-Sekte an. Der Haupttempel hat ein schönes Golddach; in der Umgebung sind mehrere Einsiedeleien. Am nächsten Tage führte mich die breit ausgetretene Straße an den Häusern des Puchün Be hu vorüber, hierauf über einen Paß von wenig mehr als 4200 m Höhe , dann mäßig steil in ein Waldtal hinab (Tafel XXIX) , bis wir in 1) In der üblichen N 65 bis 70 ° W-Streichrichtung liegend und nach den ziemlich zahlreichen Fossilien Karbon. 163 | ||
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