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0205 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 205 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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fühlte sich so sehr zu einer Tibeterin hingezogen, daß er glaubte, sie nicht mehr

lassen zu können. Dadurch, daß ich beiden rundweg abschlug, ihre Geliebten

mitreiten zu lassen, hatte ich leider von nun an in meiner Gesellschaft die zwei

aufsässigsten Diener, die es geben kann. Beide waren voll des Lobes der tibeti-

schen Frauen, der Nomaden wie der Bäuerinnen. Sie seien so sehr freundlich

und anstellig und hilfsbereit. Um der liebevollen Pflege tibetischer Frauen

willen geben nicht wenige Chinesen ihre alte Heimat auf und ziehen in die

kalten Steppen und zu den wildesten Stämmen. Bei den Tibetern beobachtete

ich oft ein wunderschönes Familienleben, während in China das Zusammen-

leben häufig zur kalten Konvention herabgesunken ist, in der nur Egoismus

großgezogen werden kann.

Am ersten Reisetage gingen meine eigenen Tiere vollkommen leer. Ula-

Ochsen und Ula-Maultiere schleppten meine Habseligkeiten und meine Begleiter

waren auf Ula-Pferden beritten, die der Nan tsien Be hu beschafft hatte. Wir

zogen zunächst nach Süden das Tal hinauf, kamen nach zwei Stunden an dem

malerischen Tschanggu gomba vorüber und betraten eine breite Kalkstein-

zone 1), die wilde Gipfelformen und zahlreiche ausgewaschene Felsgrotten zeigt

und die der nach Dscherku ndo fließende Bach durchbrochen hat. Die Phantasie

der Bewohner hat die absonderlichen Gestaltungen des Kalkes seit Urzeiten

mit Göttern und Geistern belebt und darin „Tugendhöhlen" und andere Spiele-

reien guter Geister und Titanen entdeckt. Südlich der Kalke zieht ein mehrere

Kilometer breites Hochtal, die Ba tang, mit reichen Viehweiden sacht an-

steigend nach Südosten. Dahinter im Süden und als südliche Umrahmung

der Ba tang türmt sich aus Schiefer und Granit eine neue und sehr hohe Gipfel-

kette. Einige Zacken erreichen 6000 m absoluter Höbe. In das breite Längstal

schieben sich von diesen Bergen alte dicke Schotter- und Moränenwälle hinein,

deren Zungen noch heute von Gletschern reden, während zurzeit aus dieser

ganzen Gegend längst die letzten Reste der Eiszeit verschwunden sind. Noch

war kein grünes Gräschen zu entdecken, doch auf den zahlreichen Tümpeln

glucksten schon die gelben Gänseehepaare.

Die Ba tang ist das Land der zwei Stämme Lada und Puchün. Das Gros

der Bewohner ist hier in 4000 m Höhe wieder Zeltnomade. Nur ein paar Klöster

und die Fürstensitze haben feste Gebäude. Wenige Kilometer südlich Dscherku

ndo hatten die Felder aufgehört.

Ich kam am ersten Tage bis zum Kloster Betschin gomba , 25 km von

Dscherku ndo. Ein kleines Haus war mir für die Nacht bereitgestellt worden,

doch zog ich vor, in meinem Zelt zu schlafen. Ein Reisender, der nicht durch

seine Führer auf das Kloster aufmerksam gemacht wird, kann ahnungslos

dicht an Betschin gomba vorüberreiten , so versteckt sitzt es zwischen den

weißen Kalkfelsen. Es soll dreihundert Mönche und zwei Inkarnationen haben

und gehört der Nima-Sekte an. Der Haupttempel hat ein schönes Golddach;

in der Umgebung sind mehrere Einsiedeleien.

Am nächsten Tage führte mich die breit ausgetretene Straße an den Häusern

des Puchün Be hu vorüber, hierauf über einen Paß von wenig mehr als 4200 m

Höhe , dann mäßig steil in ein Waldtal hinab (Tafel XXIX) , bis wir in

1) In der üblichen N 65 bis 70 ° W-Streichrichtung liegend und nach den ziemlich

zahlreichen Fossilien Karbon.

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