National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0207 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 207 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

  1. März. Wir folgten der steil eingegrabenen Schlucht von Ka ts`a weiter hinab. Am Bachrand klebte nur noch ein schmaler Streifen Wintereis. Palmkätzchen waren aufgeblüht und die Knospen in den Laubwaldungen, die die Steilhänge überzogen, hatten zu schwellen begonnen. Der Vorfriihling war hier eingekehrt. Das Nachtminimum zeigte zwar noch — 5 ° und darunter, aber bei Tage stiegen die Thermometer auf ebensoviele Grade über Null. Auf den schmalen Ackerstreifen tiefer unter im Tal pflügten die Ehepaare; widerwillig zogen zwei Yakochsen die schweren, klotzigen Hakenpflüge unter den wuchtigen Schlägen der jungen kräftigen Ehefrauen.

Nachdem wir an einigen Dörfchen und einem kleinen Kloster vorbeigekommen waren, standen wir wieder am Yang tse kiang. Das Tal war nun noch viel steiler eingeschnitten, als ich es oben in Lamda und Tombu mda gesehen hatte. Es war hier zum tiefen unzugänglichen Felsriß geworden, in dem sich zwischen braunen nackten Felsrippen ein grünblaues Fädchen durchwand. Die klaren Fluten waren völlig eisfrei, nur da und dort entdeckte das Auge in der Tiefe des Tales ein weißes Flöckchen, wo die Wasser sich an Klippen brachen und über Blöcke stürzten. Von der steilen Höhe herab nahm sich der Strom, der hier schon über 700 km hinter sich hat, recht unscheinbar aus (Tafel XXXI). Man schien ihm bis ins Herz hinein sehen zu können. Hoch über dem derzeitigen Wasserstand waren die Marken der Sommeranschwellung. Das Volumen ist dann hier viermal so groß als jetzt im ersten Frühling; wohl schmilzt der Winterschnee , aber dieser ist so geringfügig , daß er auf den Wasserstand keinerlei Einfluß ausübt. Ende März hatten zwar die Westwinde an Stärke abgenommen, aber sie herrschten noch immer vor und der Südostmonsun hatte noch nicht eingesetzt.

  1. März. Wir brachten die Nacht in unseren Zelten zu, die wir neben einem Dorfe aufgestellt hatten. Die Bewohner, an Durchreisende gewöhnt, nahmen uns nicht näher in Augenschein und hatten darum nichts an mir auszusetzen. Sie verlangten eine Viertelrupie für die Benutzung des Lagerplatzes, für trockenen Argol und für einen Riesenhaufen Stroh, den meine Tiere in der Nacht mit Stumpf und Stiel auffraßen. Da in Dergi wie im Nan tsien zwar immer nur gemünztes Geld angenommen wird, Kleingeld aber gänzlich fehlt, so wird zum Bezahlen von Beträgen unter einer Rupie das Silberstück zerschnitten und man bezahlt wörtlich eine Viertel-, eine Drittel- oder halbe Rupie.

Die Nacht war trüb und dicker, nasser Schnee deckte uns am Morgen. Als es um acht Uhr aufklärte, packten wir rasch zusammen und erreichten nach einem scharfen Ritt und nach ermüdendem Auf und Ab um zwei Uhr den Fährplatz über den Yang tse kiang, der Tschomdo heißen soll und an dem die große Straße auf das linke Ufer übersetzt. Zwei Lehmhütten stehen dort am Eingang eines großen Seitentals; es sind die Wohnungen der Fährleute. Am Ufer selbst erhoben sich Mauern von anderthalb Manneshöhen und vier und fünf Fuß Dicke. Jeder einzelne Quaderstein dieser Mauern war eine halbe Yaklast chinesischen Tees, der, in rohe schwarze Yakhäute gepreßt und genäht, auf die Weiterreise nach Zentraltibet wartete. Achthundert Ochsen sollten die nächsten Tage kommen und sie auf dem Wege, den ich soeben herabgekommen war, ins Innere schaffen.

Bei den Fährleuten erfuhr ich, daß dem kräftigen, 8 m breiten und 1 m im Durchschnitt tiefen Flüßchen Tscho tschü, das bei Tschomdo mündet, eine Straße nach Tsiamdo folgt, auf der man in acht Tagen durch das freie Fürsten-

165